Auskunftsrecht: Wenn Bürger die Republik vor Gericht "zerren"

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Hält das neue Gesetz zur Informationsfreiheit, was es verspricht? Während die einen den Rechtsschutz loben, fehlt den anderen ein Transparenzbeauftragter.

Wien. Ein Transparenzbeauftragter? „Der scheint mir mit der neuen Verwaltungsgerichtsbarkeit aus der Zeit gefallen“, betonte Gerhard Hesse beim letztwöchigen Rechtspanorama an der WU. Der Rechtsschutz werde bereits durch die neuen Verwaltungsgerichte bestens gewährleistet, sagte der Chef des Verfassungsdienstes im Kanzleramt bei der von der WU und „Presse“ veranstalteten Debatte.

Hesse ist für den Entwurf jenes Verfassungsgesetzes verantwortlich, das laut der Regierung die Informationsfreiheit der Bürger ab 2016 stärken soll. Demnach soll das Amtsgeheimnis von der Regel zur Ausnahme werden. „Ein denkbar simples Konzept“ habe man entworfen, betonte Hesse. Doch es bleiben nach wie vor Ausnahmemöglichkeiten, in denen die Verwaltung Informationen verweigern kann. Etwa, wenn die Behörde sich wegen der nationalen Sicherheit, der Landesverteidigung oder der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe auf die Verschwiegenheit beruft. Den Wunsch mancher, für Streitfälle zwischen Bürger und Behörde einen eigenen Transparenz- oder Informationsbeauftragten zu installieren, kann Hesse nicht nachvollziehen. Man habe soeben 140 Behörden im Zuge der Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit abgeschafft, da wolle man nicht gleich wieder eine neue Behörde schaffen.

Slowenien als Vorbild?

Im Streitfall bleibt somit also auch weiterhin nur der Gang zum Gericht: „Doch wer schon einmal versucht hat, eine Behörde auf Auskunft zu klagen, der weiß: Das ist nicht lustig“, warf Josef Barth ein. Der frühere Journalist ist Gründer des Forum Informationsfreiheit und dessen Kampagne „transparenzgesetz.at“. Sieht er sich durch den Entwurf der Regierung nun näher am Ziel? „Leider nicht“, befand Barth. Der subjektive Zugang des Bürgers zum Informationsrecht sei weiterhin nicht gewährleistet. „Das Gesetz zwingt den Bürger, die Republik vor Gericht zu zerren“.

In Slowenien hingegen gebe es einen Informationsbeauftragten, der übrigens in zwei Drittel der Fälle für den anfragenden Bürger entscheide. Gegen die Entscheidung des Informationsbeauftragten könnten dann aber noch sowohl die Behörde als auch der Bürger Rechtsmittel bei Gericht erheben. Würden die Verfahren dadurch nicht noch mehr in die Länge gezogen? „Keine Frage, ja, aber ich würde das in Kauf nehmen“, entgegnete Barth. Denn der Informationsbeauftragte – im Gegensatz zu den Beamten nicht weisungsgebunden, sondern unabhängig – entscheide schnell. Und oft reiche dessen Entscheidung schon aus, damit der Bürger die gewünschte Auskunft erhält.

Christoph Grabenwarter, Professor an der WU und Verfassungsrichter, sah den Entwurf zum Informationsrecht deutlich positiver: „Ich halte es für ein durchsetzbares Recht.“ Information sei ein hohes Gut, das unmittelbar mit der Demokratie zusammenhänge. Aber: „Es ist nicht wichtiger als andere Grundrechte. Selbst das Recht auf Leben steht unter Vorbehalt“, erinnerte der Professor.

Kritisiert wurde von Barth auch, dass die Bundesländer die Möglichkeit bekommen sollen, eigene wichtige Gründe festzuschreiben, die Beamte zum Schweigen zwingen. Peter Pollak, Direktor des Stadtrechnungshofs von Wien, widersprach: „Ich bin ein glühender Föderalist“ wandte er ein. Überhaupt dürfe, nur weil Barth Probleme mit Auskünften gehabt habe (so verschwiegen ihm die Behörden die Gegengeschäfte für die Eurofighter), nicht „die Verfassung auf den Kopf gestellt werden“, so Pollak. In aller Regel würden Behörden korrekt mit Anfragen von Bürgern umgehen. Wären aber zu viele Informationen frei zugänglich, würden sich manche Firmen bei Ausschreibungen nicht mehr bewerben. Zudem betonte Pollak in Richtung Publikum: „Freuen Sie sich auf die Informationsfreiheit und richten Sie gleich ein bisschen Geld vom Geldbörserl her, das Sie dann als Steuerzahler aufwenden müssen: für die Kosten, die dafür entstehen.“

Angst vor Wettbewerbsnachteil

Warnende Worte kamen auch von Susanna Zapreva, Geschäftsführerin der Wien Energie. Ihr Unternehmen würde, weil es in öffentlicher Hand ist, dem neuen Gesetz unterliegen. „Wir stehen im Wettbewerb mit Unternehmen im privaten Bereich. Es ist wichtig, dass diese durch die Informationspflicht nicht Vorteile kriegen.“ Grundsätzlich aber sei Transparenz etwas Gutes: Denn sie schaffe Vertrauen bei Kunden und erhöhe die Reputation.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2014)

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