Eigene EM-Richter kommen

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Spezielles Personal soll Untersuchungshaft über Hooligans verhängen.

Wien. Die Euro bringt nicht nur Fans verschiedenster Nationen nach Österreich – sondern auch mehr Arbeit für die heimische Justiz: Deswegen wird es während der Fußball-EM (7. bis 29. Juni) an jedem Landesgericht je einen Euro-Richter und einen Euro-Staatsanwalt geben.

„Es ist eine Vorsichtsmaßnahme“, erzählt im Gespräch mit der „Presse“ Christoph Bauer, seines Zeichens Euro-Richter am St. Pöltner Landesgericht. Denn während der EM dürfte die Zahl der Delikte ansteigen. Und die Euro-Richter müssen sich mit allen Straftaten befassen, die mit der EM zusammenhängen. Ein Beispiel: Werden Fans von der Polizei verhaftet, müssen Richter innerhalb kurzer Zeit entscheiden, ob gegen eine Person die Untersuchungshaft verhängt wird. Für derartige Fälle gibt es zwar grundsätzlich Journalrichter, die zu jeder Uhrzeit greifbar sind. Mit Euro-Delikten werden diese aber nicht befasst, da die Arbeitsbelastung sonst zu groß wäre. Schließlich könnte es zu Massenschlägereien kommen, gefolgt von Massenverhaftungen. Und auch Beschlagnahmungen müssen von den EM-Richtern – sie sind übrigens meist selbst Fußballfans – zumindest nachträglich genehmigt werden. Aber nicht nur wer im oder vor dem Stadion randaliert, landet vor den Fußball-Richtern. Sonst bräuchte man etwa in St. Pölten, wo nicht gespielt wird, gar keine speziellen Euro-Richter.

Auch für Public Viewing zuständig

Richter Bauer wird sich aber mit jenen Fans befassen müssen, die beim Public Viewing, beim Fußball-Schauen im Gasthaus oder auf der Westbahn auf dem Weg zum Wiener Happel-Stadion Delikte begehen. Alles was irgendwie mit der EM zu tun hat, landet vor dem Euro-Richter. Auch wenn die Abgrenzung vielleicht nicht immer einfach sein wird. Was ist etwa, wenn zwei Personen sich als die EM-Maskottchen Trix und Flix verkleiden und eine Bank überfallen? „Das wird man dann noch beraten müssen“, meint Bauer. Der EM-Bezug scheine aber auf den ersten Blick gegeben, scherzt der Euro-Richter.

AUF EINEN BLICK

Die Euro-Richter befassen sich mit allen Straftaten, die einen Bezug zur Fußball-EM aufweisen. Die Richter müssen etwa die U-Haft oder Beschlagnahmungen genehmigen. Euro-Richter gibt es aber nur für das strafrechtlichen Vorverfahren. Beim Prozess selbst stehen EM-Rowdies vor dem selben Richter wie „gewöhnliche“ Straftäter.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.05.2008)

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