Kinder illegal angemeldet: Mildere Strafe für Direktor?

(c) GEPA pictures/ Christian Ort
  • Drucken

urgenländer erfand Wohnsitze für Ungarn und wurde schuldig gesprochen. OGH ortet im Urteil Begründungsmängel.

Wien. Schon mehrere Leute, auch Politiker, mussten sich im Burgenland wegen Scheinanmeldungen von Schülern vor Gericht verantworten. In einem aktuellen Fall darf aber nun ein Schuldirektor hoffen, mit einer geringeren Strafe davonzukommen: Der Oberste Gerichtshof (OGH) ortet Begründungsmängel im Schuldspruch.

Seit 2009 gelten im Burgenland neue Regeln, was ausländische Schüler betrifft (diese waren immer mehr geworden). Der Landesschulrat ordnete an, dass an Pflichtschulen nur noch Kinder, die einen Haupt- oder Nebenwohnsitz im Burgenland haben, aufgenommen werden dürfen. Dadurch sollte das Budget des Landes und der Gemeinden entlastet werden. Die Volksschule, der der angeklagte Direktor vorstand, war für Ungarn attraktiv, weil der Unterricht zweisprachig (in Deutsch und Ungarisch) erfolgte. Lang bestand die Volksschule in dem kleinen Ort nur aus einer Klasse. Doch dank der ungarischen Kinder stieg bis zum Herbst 2009 die Schülerzahl sogar auf 21, wodurch die Schule fortan zwei Klassen führen konnte.

Der Direktor bat nun Verwandte und Bekannte, ihre Adresse zur Verfügung zu stellen, damit bei ihnen ungarische Kinder angemeldet werden können. Der Mann wollte den Fortbestand der Schule sichern. Dieser galt als unsicher, weil in den Jahren zuvor teilweise nur zwei bis acht österreichische Kinder sie besuchten. Dadurch, dass zuletzt sogar zwei Klassen geführt wurden, hatte sich zudem das Gehalt des Schulleiters leicht erhöht.

Vermerk auf dem Meldezettel

Der Direktor begleitete teilweise sogar die Kinder und die „Unterkunftsgeber“ auf das Gemeindeamt, um sie anzumelden. Der dortige Vertragsbedienstete tat – obwohl er vom Schwindel wusste –, wie ihm geheißen. Als ein Jahr später bekannt wurde, dass ein Landesrat wegen Scheinanmeldungen vor Gericht musste, reagierte der Gemeindemitarbeiter: Er schrieb auf den Meldezettel handschriftlich, dass der Herr Direktor von ihm „auf die Problematik der Scheinmeldungen hingewiesen“ wurde. Damit war dies auch noch dokumentiert.

Das Landesgericht Eisenstadt verurteilte den Gemeindebediensteten wegen Amtsmissbrauchs zu 300 Tagessätzen zu je 15 Euro (gesamt 4500 Euro) und drei Monaten Haft bedingt, den Direktor zu 250 Tagessätzen à 25 Euro (gesamt 6250 Euro Strafe). Dabei ließ das Gericht wegen der Besonderheit des Falls Milde walten (Amtsmissbrauch ist mit bis zu fünf Jahren Haft bedroht). Der Direktor wurde aber in zwei Punkten schuldig gesprochen: Neben der Aktion am Meldeamt wurde ihm angelastet, dass er in das Schulverwaltungssystem des Landes ungarische Kinder als Schüler eintrug.

Der Direktor ging zum OGH. Während die Höchstrichter (17 Os 27/14w) im Vorgehen beim Meldeamt sehr wohl einen Amtsmissbrauch orteten (und die Nichtigkeitsbeschwerde des Direktors verwarfen), war dem OGH die Begründung für den Schuldspruch im zweiten Anklagepunkt nicht ausreichend. Das stellten die Richter von Amts wegen klar. So sei nicht klar, ob der Lehrer die Schüler weisungswidrig aufnahm und ob es eine rechtliche Grundlage dafür gab, dass der Direktor Daten in das Schulverwaltungssystem eingab. Amtsmissbrauch liegt nur vor, wenn ein Beamter eine Befugnis, die er hat, wissentlich missbraucht und dabei jemanden schädigt.

Im Ergebnis muss der Fall nun von der Unterinstanz neu verhandelt werden. Möglicherweise kommt der Direktor jetzt also mit einer noch geringeren Strafe davon.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.