Handy als "mobile Datenschleuder"

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Nutzer von Apps geben oft mehr Daten preis, als sie glauben. Doch gleichzeitig kann man als User Schadenersatz geltend machen, wenn die Apps versagen.

Wien. Es klingt nach einem harmlosen Handy-Spiel: Mit einem Papierknäuel gilt es, in einen Korb zu treffen, während ein Ventilator es erschwert, das Ziel zu treffen. Doch das Spiel sammle viele Daten, sagt Daniela Zimmer, Konsumentenschützerin der Wiener Arbeiterkammer. Selbst Standortdaten würden weitergeleitet werden. „Und solche Daten könnten verwendet werden, um die Kreditwürdigkeit einer Person zu beurteilen, sagt die Expertin. Gerade das Kreditscoring „ist ein relativ unkontrollierter Bereich“, warnte die Expertin beim letztwöchigen Rechtspanorama am Juridicum. Die von der „Presse“ und der Jus-Fakultät der Uni Wien veranstaltete Debatte ging der Frage nach, ob man den Apps auf seinem Mobilgerät „ausgeliefert“ ist.

„Apps und Bewegungsprofile sind probate Mittel, um darauf zu schließen, ob jemand einen steten Lebenswandel hat“, sagte Zimmer. Wer viel in Bewegung ist, gelte als unstet. Dann bestehe etwa die Gefahr, dass die Ehe scheitert und der Betroffene deswegen einen Kredit nicht zurückzahlen kann. „Man hat die mobile Datenschleuder ständig aufgedreht“, resümierte Zimmer.

Rechtlich stellen sich bereits dann Fragen, wenn man eine App herunterlädt. Mit wem schließt man dabei einen Vertrag? Bei Google Play sei noch recht klar, dass der Shop nur als Vermittler auftritt, meinte Wolfgang Zankl, Professor am Institut für Zivilrecht der Universität Wien. Beim App-Store von Apple „sieht die Sache anders aus“. Hier würde wegen der versteckten Klauseln in den Nutzungsbedingungen die zivilrechtliche Zweifelsregel greifen, der zufolge man direkt mit demjenigen kontrahiert, der das Geschäft anbietet, also Apple.

Wichtig ist die Frage des Vertragspartners etwa, wenn es um Schadenersatzzahlungen geht, weil die App nicht so funktioniert wie gedacht. Als Beispiel nannte Zankl eine App, die warnen soll, wenn ein Segelboot des nächtens nicht mehr Anker hält. Die App funktioniere aber nicht, klagte Zankl aus eigener Erfahrung. Und wenn nun dadurch ein Schaden am eigenen Boot oder anderswo entsteht, könnte man Schadenersatz geltend machen.

Technisch hat sich zuletzt viel getan, wie Martin Zehetner, Head of Development bei Tailored Apps, berichtete. Das Unternehmen entwirft mobile Anwendungen. So seien die Kameras auf Handys noch vor ein paar Jahren sehr schlecht gewesen. Nun aber wäre sogar ein Check der Iris am Auge technisch möglich.

Aus Unternehmersicht seien Apps etwas sehr Praktisches, betonte René Bogendorfer von der Sparte Information und Consulting der Wirtschaftskammer. „Nirgendwo ist es so einfach, zwischen New York und Gramatneusiedl einen Vertrag zu schließen“, sagte Bogendorfer. Allerdings gebe es gerade beim Datenschutz unterschiedliche rechtliche Rahmenbedingungen. Für heimische Firmen würden nicht nur im Vergleich mit US-amerikanischen, sondern etwa auch im Vergleich mit spanischen Firmen striktere Gesetze gelten.

Zahlen mit den eigenen Daten?

„Wir haben in Österreich die allerstrengsten Regeln, erklärte Alexander Schnider, Anwalt und Partner bei Geistwert, einer auf geistiges Eigentum und IT-Recht spezialisierten Kanzlei. „Eine Lockerung der Anforderung ist notwendig, gerade was die Free Apps anbelangt“, meinte der Jurist. So sei es in Ordnung, seine Daten herzugeben, wenn man im Gegenzug dafür eine Gratis-App bekommt. Aber eine klare Zustimmungserklärung brauche man dafür.

Auch Zankl verfolgt ein ähnliches Konzept. So sei es grundsätzlich in Ordnung, wenn Facebook bei den Daten weitergehende Nutzungsrechte als etwa Versicherungen erhalte. Denn Letztere würden für ihr Geschäft eine andere Gegenleistung (Geld) bekommen. Der User solle sich bei jeder App entscheiden können: Zahlt er mit seinen Daten oder mit Geld?

Klar sei aber, so Zankl, dass auch ein Vertrag, bei dem ein User mit den Daten zahlt, ein entgeltlicher ist. Mit allen Folgen, wie Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen, wenn die App nicht hält, was sie verspricht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.04.2015)

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