Fixer Job, mehr Geld: Jusstudium rechnet sich

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Als Jurist hat man es zwar vielleicht nicht mehr so leicht wie einst, und auch eine Karriere im Ausland mag schwieriger sein. Doch Statistik und Experten betonen, wie sehr sich ein Jusstudium nach wie vor rechnet.

Wien. Es war kein Zufall, dass das letztwöchige „Rechtspanorama am Juridicum“ von auffällig vielen jungen Leuten im Zuseherraum verfolgt wurde. Galt es doch, die Frage „Warum Jus studieren – und wie und wo?“ zu beantworten. Paul Oberhammer, Dekan der Jusfakultät an der Universität Wien, betonte, dass sich ein Jusstudium lohnt: „Man kann auch heute mit Fug und Recht behaupten: Wer eine juristische Ausbildung abschließt, hat auf dem Arbeitsmarkt hervorragende Aussichten“, sagte Oberhammer bei der gemeinsam von „Presse“ und Juridicum veranstalteten Debatte.

Der Dekan verwies auf das Absolvententracking der Universität Wien, das für den Zeitraum 2003 bis 2011 gemeinsam mit der Statistik Austria die Karriere der Studienabgänger erfasste. Dabei zeigte sich, dass Juristen fünf Jahre nach Studienende fast alle noch einen Job hatten, auch wenn die erste Jobsuche etwas länger als bei anderen Akademikern gedauert haben mag. Speziell wenn es um das Einkommen ging, waren Juristen den Durchschnittsakademikern voraus.

Johannes Kopf, Vorstand des Arbeitsmarktservice Österreich, warb dafür, jedenfalls auf die Uni zu gehen. „Ganz generell gilt auf dem Arbeitsmarkt: Selbst das falsche Studium ist besser als keines“, erklärte Kopf, der selbst Jus studierte. „Ich wusste seit meinem zwölften Lebensjahr, dass ich Anwalt werde“, sagte Kopf. Er schnupperte in eine Kanzlei hinein. „Dann wusste ich, dass ich sicher nicht Anwalt werden wollte“, so Kopf. An seinem Beispiel zeige sich aber schon ein weiterer Vorteil des Jusstudiums: dass man nicht wie etwa ein Veterinärmediziner an ein bestimmtes Gebiet gebunden ist. „Man lernt im Jusstudium, auch wenn man später nicht als Jurist arbeitet, eine Denkweise, die einem ein ganzes Leben lang hilft“, meinte Kopf.

Gefion Hauer, Leiterin Recht der als Sportartikelhersteller tätigen Head-Gruppe, rügte, dass das Jusstudium sie nicht auf den Arbeitsalltag vorbereitet habe. Das Wichtigste in ihrem Job sei es, Verträge zu erstellen oder zu prüfen. „Ich habe im Studium kein einziges Mal einen Vertrag erstellen oder prüfen dürfen“, sagte sie. Dem entgegnete Oberhammer, dass es Dinge gebe, die man besser im Job lerne. „Jeder wäre, der glaubt, dass man an Unis so weit gebracht wird, dass man in der Praxis einsatzfähig ist, ist ein Narr“, sagte er. Aber die Uni lehre „die Skills“, die man brauche. Man könne sich im Studium inzwischen auch im Vertragsrecht vertiefen, wenn man dies wolle.

Zwei gute Noten: Eins und Vier

Was muss ein Jusabsolvent können, um einen Job zu bekommen? Die Prüfungsnoten schaue sie in der Regel nicht an, berichtete Hauer. Es gebe zwei Noten, die gut sind, meinte Kopf. „Der Einser überzeugt in Exzellenz, der Vierer in Effizienz.“ Hervorgehoben wurde die Notwendigkeit guter Englischkenntnisse. Wenn diese fehlen, sei dies in ihrer Firma, die zu 90 Prozent in dieser Sprache arbeite, „ein absolutes No-Go“, meinte Hauer.

Wer eine klassische Juristenkarriere anstrebt, sollte wissen: Anwalt ist nicht gleich Anwalt. Je nach Fachgebiet und Spezialisierungsgrad unterscheide sich der Alltag sehr, sagte Ferdinand Graf, Rechtsanwalt bei Graf Pitkowitz Rechtsanwälte. Es gebe den Trend, dass Unternehmen Leute mit Anwaltsprüfung anstellen, damit diese mit Anwälten auf Augenhöhe verhandeln. Noch einen Tipp hatte Graf parat: „Das Strafrecht hat lange Zeit ein Schattendasein geführt, nun aber spielt es eine erhebliche Rolle.“ Experten, die Wirtschafts- und Strafrecht unter einen Hut bringen, seien gefragt.

„Ein bekannter Anwalt hat mir vor 25 Jahren erzählt: ,Werden Sie Wirtschaftsanwalt! Wenn Sie da nicht Erfolg haben, müssen Sie dumm und faul sein. Eines von beiden ist noch unschädlich‘“, berichtete Claus Staringer, Steuerberater bei Freshfields Bruckhaus Deringer. Er wisse nicht, ob das je gestimmt habe, heute sei es aber sicher nicht so. Es gebe einen „ganz starken Wettbewerb im Anwaltsbereich“. „Fachwissen ist nicht die Krönung. sondern die Grundlage“, betonte Staringer. Es komme auf Fähigkeiten wie eine schnelle Auffassungsgabe an. Und das Können, aus großen Problemen kleine zu machen.

An welcher Uni studieren?

Beim Jusstudium hat man zumindest in Wien die Wahl der Qual. Auf der WU gibt es das Wirtschaftsrecht, auf der Haupt-Uni das klassische Studium. Staringer, der auf der WU Steuerrecht lehrt, erklärte die Vorzüge des WU-Studiums: Kostenrechnung zu lernen möge für Juristen schwierig sein, aber es sei auch eine große Bereicherung. Gleichzeitig lasse man nicht wirtschaftsrelevante Fächer weg. Oberhammer betonte, dass Fächer wie Völkerrecht auch wichtig seien, etwa wenn jemand einmal zur UNO möchte. Wer wolle, könne sich am Juridicum und an der WU in Wirtschaftsfächern spezialisieren.

Was sind nun Nachteile eines Jusstudiums? Man habe es international schwerer als etwa Architekten, weil schon eine deutsche Kanzlei kaum jemanden engagiert, der österreichisches Recht studiert hat, wurde betont. Der Weg ins Spitzenmanagement dürfte mit BWL leichter sein. Früher, so meinte mancher, war es noch einfacher, mit Jus einen guten Job zu finden. Graf freilich appellierte, die Zukunft rosig zu sehen: „Gerade durch die Digitalisierung eröffnen sich für Berater viele neue Möglichkeiten.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.06.2015)

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