Rinder entlaufen, Versicherung zahlt

An Aberdeen Angus breed bull is led into a corral ahead of the 129th annual Argentine Rural Society's Palermo livestock and agriculture camp exhibition in Buenos Aires
An Aberdeen Angus breed bull is led into a corral ahead of the 129th annual Argentine Rural Society's Palermo livestock and agriculture camp exhibition in Buenos AiresREUTERS
  • Drucken

Eine Herde hochwertiger Rinder flüchtete von der Weide. Die Haftpflichtversicherung der Viehzüchter muss für das Einfangen aufkommen: Rettungsaufwand.

Wien. Haftpflichtversicherungen dienen, wie der Name schon sagt, primär dazu, den Versicherten von Haftpflichten zu entlasten: Wer mit seinem Auto fahrlässig einen Schaden anrichtet, kann den Geschädigten an seine eigene Haftpflichtversicherung verweisen. Fallweise muss die Versicherung aber auch für Vermögensminderungen aufkommen, die nicht bei einem Dritten, sondern beim Versicherten selbst auftreten. Das wird deutlich am Fall einer Rinderherde, die von der Weide ausgekommen ist und für deren Einfangen die Landwirtschaftsversicherung der Viehzüchter zahlen muss.

Kollision mit einem Zug

44 hochwertige Angus-Rinder entliefen – wie sich erst später herausstellte, infolge eines Sabotageakts. Die Situation war kritisch, befand sich die Weide fernab vom Wohnort der Züchter doch zwischen einer viel befahrenen Straße und einer Bahnlinie, und dies in der Nähe von dicht bewohntem Gebiet. Ein Tier kollidierte prompt mit einem Zug, und auch ein Supermarkt wurde beschädigt – beides klassische Fälle, in denen die Haftpflichtversicherung zahlen muss und auch tatsächlich gezahlt hat.

Die Züchter, die sich zunächst nur per Telefon einschalten konnten, wollten aber auch das ersetzt bekommen, was sie für das Einfangen der Herde zahlen mussten. Die Tiere mussten – teilweise betäubt – von Nachbarn und der Freiwilligen Feuerwehr auf Anhängern auf eine Notweide gebracht werden. Der Oberste Gerichtshof bestätigte, dass die Züchter ersetzt bekommen müssen, was sie dafür gezahlt haben: „Der von den Klägern getätigte Aufwand von 4119,40 Euro für das Einfangen, Betäuben und Transportieren der Rinder diente der Abwendung des versicherten Schadens“, so der Gerichtshof. „Die Kosten sind als Rettungskosten zu ersetzen“ (7 Ob 63/15p).

Unter diese Rettungskosten fallen Maßnahmen, die der Versicherungsnehmer nach den Umständen des Einzelfalls und der Lage des Versicherungsnehmers für geboten halten durfte und die generell geeignet sind, den Schaden abzuwehren oder zu mindern, sagt Manuel Traxler, Rechtsanwaltsanwärter in der Kanzlei Christina Gesswein-Spiessberger (Altmünster), die die Kläger vertreten hat. Stelle sich rückblickend heraus, dass die Rettungsmaßnahmen nicht geboten waren, sind dem Versicherungsnehmer die Kosten dennoch zu ersetzen, wenn ihm lediglich leichte Fahrlässigkeit anzulasten sei, so Traxler.

Eine Feststellungsklage über die Haftung der Versicherung für noch nicht beglichene oder für bestrittene Rechnungen wies der OGH jedoch aus formalen Gründen ab. Es geht um Rettungskosten von nicht beauftragten Dritten, unter anderem eines Tierarztes: Weil der Aufwand bereits bezifferbar ist, müssten die Kläger eine Leistungsklage erheben, soweit die Forderungen berechtigt sind. (kom)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.08.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.