Urlauberin haftet nicht für Flegel zu Hause

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Während eine Frau auf Reisen war, benahm sich ihr Lebensgefährte gegenüber der Hausverwaltung daneben. Die Stadt Wien darf den Mietvertrag nicht kündigen, da der Wutausbruch für die Mieterin überraschend kam.

Wien. Als eine Mitarbeiterin der Hausverwaltung bei ihm anläutete, rastete ein Mann in Wien aus. Er war gebeten worden, die an der Außenseite des Hauses angebrachten Blumentöpfe zu entfernen. Zum Schutz der Kinder, denn darunter befindet sich ein Kinderspielplatz. Der Mann erklärte, er habe die Kinder nicht gemacht und müsse deswegen die Blumentöpfe auch nicht entfernen. Er schrie und stellte sich vor der Mitarbeiterin so auf, dass sie zu zittern begann und mit dem Rücken zur Wand in der Ecke zu stehen kam.

Die Lebensgefährtin des Mannes, die eigentliche Mieterin, war zu diesem Zeitpunkt auf Urlaub. Nun steht aber im Gesetz, dass der Mietvertrag nicht nur gekündigt werden kann, wenn sich der Mieter grob missverhält, sondern auch, wenn in der Wohnung lebende Angehörige oder sonstige Mitbewohner sich danebenbenehmen. Und zwar dann, wenn der Mieter nichts gegen das flegelhafte Tun seiner Mitbewohner unternimmt.

Von diesem Recht wollte die Stadt Wien – Wiener Wohnen Gebrauch machen. Zumal die Mitarbeiterin nach dem Vorfall sogar in Krankenstand gehen musste. Die Mieterin wehrte sich gegen die Kündigung. Sie sei im Urlaub gewesen, als der Vorfall geschah. Dass so etwas passiere, sei nicht absehbar gewesen. Der Freund sei bisher auch nie negativ aufgefallen.

Bereits das Bezirksgericht Innere Stadt und das Landesgericht für Zivilrechtssachen entschieden, dass die Frau nicht für das Verhalten des Lebensgefährten einstehen müsse. Wiener Wohnen zog aber noch vor das Höchstgericht. Und verwies auf den Fall eines Mieters, dessen 16-jähriger Sohn sich gegenüber dem Hausbesorger missverhalten hatte. Hier wurde die Kündigung bejaht.

Diese Fälle dürfe man aber nicht miteinander vergleichen, meinte der Oberste Gerichtshof (OGH). Denn damals habe sich der Mieter nicht vom Verhalten seines Kindes distanziert. Und keine Abhilfe für die Zukunft signalisiert.

Keine Bagatellisierung

Im aktuellen Fall aber habe die Frau betont, dass ihr Lebensgefährte sich bisher stets höflich und respektvoll verhalten habe. Es fehle „jeglicher Anhaltspunkt für die Annahme“, dass die Frau das Verhalten ihres Lebensgefährten bagatellisiere, meinte der OGH (3 Ob 236/15z). Und es scheine keinesfalls so, als würde die Frau nicht auf ihren Freund einwirken wollen, damit er in Hinkunft solche aggressiven Ausbrüche unterlässt.

Die Frau darf somit trotz des Vorfalls Mieterin der Stadt Wien bleiben.

AUF EINEN BLICK

Wer sich gegenüber seinem Vermieter schwer danebenbenimmt, muss mit der Kündigung des Mietvertrags rechnen. Das gilt auch, wenn das Missverhalten nicht vom Mieter selbst, sondern von einer Person aus seinem Haushalt gesetzt wird. In einem aktuellen Fall darf aber eine Frau weiterhin in ihrer Wohnung bleiben. Für sie war das Missverhalten ihres Freundes während ihres Urlaubs nicht absehbar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2016)

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