Zu optimistische Sicht auf die Panama-Papers?

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Die Auswertung geleakter Unterlagen könnte doch zulässig sein - eine Gegenthese.

Linz. Oliver Scherbaum gelangte vor einer Woche an dieser Stelle zum Ergebnis, dass österreichische Strafverfolgungsbehörden geleakte Informationen aus den Panama-Papers nicht verwerten dürften. Demnach gelte das Umgehungsverbot (§ 157 Abs 2 StPO) für Sicherstellung und Beschlagnahme nicht nur so lange, wie sich die Dokumente und Datenträger in den Händen des Berufsgeheimnisträgers (z. B. Rechtsanwalt, Wirtschaftstreuhänder) selbst bzw. einer von diesem beauftragten Hilfskraft befinden würden. Vielmehr dehne sich der Schutzbereich auf mehr oder weniger unbeteiligte Dritte aus.

Diese Sicht erscheint nicht zuletzt wegen der jüngsten Novellierung des § 157 Abs 2 (ab 1. 11. in Kraft) recht optimistisch. Schon bisher wurde durchaus kontroversiell diskutiert, ob Unterlagen auch dann vor Sicherstellung und Beschlagnahme geschützt sein sollten, wenn diese bereits in der Gewahrsame eines Beschuldigten waren. Erst recht umstritten waren jene Fälle, in denen die Dokumente in die Hände unbeteiligter Dritter gelangt waren.

In Umsetzung von EU-Vorgaben wird nun zumindest für jene (digitalen) Unterlagen Klarheit geschaffen, welche sich in der Verfügungsmacht eines Beschuldigten oder eines Mitbeschuldigten befinden und welche „zum Zwecke der Beratung oder Verteidigung des Beschuldigten durch eine in Abs 1 Z 2 genannte Person (bspw. Rechtsanwalt oder Wirtschaftstreuhänder) von dieser oder vom Beschuldigten erstellt wurden“.

Gesetz definiert Grenzen

Liest man die Gesetzesmaterialien, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Gesetzgeber eine abschließende Regelung schaffen wollte und all jene Unterlagen, die außerhalb der Verfügungsmacht der in § 157 Abs 2 genannten Personen (Berufsgeheimnisträger, Hilfskräfte, Personen, die in einem Ausbildungsverhältnis zum Berufsgeheimnisträger stehen, Beschuldigte, Mitbeschuldigte) sind, nicht weiter vor Sicherstellung und Beschlagnahme schützen wollte.

Hinzu kommt, dass auch nach bisherigem Verständnis all jene Gegenstände, die zur Begehung einer strafbaren Handlung bestimmt waren, diese erleichtert haben oder aus ihr herrühren (sogenannte instrumenta et producta sceleris) durch die Übergabe an einen Berufsgeheimnisträger nicht immunisiert werden können. Auch das wird man bei Beurteilung der Panama-Papers berücksichtigen müssen, sodass es am Ende wohl lauten wird: „So schön ist Panama doch nicht!“


Priv.-Doz. Dr. Oliver Plöckinger, LL.M. ist Partner bei Saxinger, Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.06.2016)

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