Auskünfte aus Chatrooms nur mit Gerichtsbeschluss

(c) AP (Greg Baker)
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Ein User hatte vorgetäuscht, seine minderjährige Tochte für sexuellen Missbrauch hergeben zu wollen. Der Verwaltungsgerichtshof entschied, dass die IP-Adresse widerrechtlich an die Polizeiz gegeben wurde.

Ein Internet-User hatte in einem Internetchat einem Chatpartner die Begehung einer strafbaren Handlung vorgetäuscht. Er hatte sich mit einem für die Benutzung nicht registrierten Pseudonym ("nickname") als Frau ausgegeben und mit einem zufälligen "Chatpartner" in einem Privatfenster einen sexualbezogenen Phantasiechat geführt. Im Zuge dieser Unterhaltung bot er dem "Chatpartner" seine minderjährige Tochter zum sexuellen Missbrauch an.

Der Chatpartner erstattete daraufhin Anzeige, und die Kriminalpolizei erfragte beim Betreiber des Chats die IP-Adresse, von der aus zur fraglichen Zeit der betreffende „Nicknamen" verwendet worden war. Ein Gerichtsbeschluss wurde nicht eingeholt . Und das, obwohl Journalstaatsanwälte und Journalrichter rund um die Uhr erreichbar seien und obwohl sich die Polizei zwei Tage mit der Anfrage Zeit gelassen habe, erklärte Helmut Graupner, Anwalt des Betroffenen.

Der Betroffene wandte sich an die Datenschutzkommission. Diese erklärte die Beauskunftung der IP-Adresse ohne Gerichtsbeschluss für rechtswidrig. Dagegen erhob die Innenministerin Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, dieser bestätigte aber die Ansicht der Datenschutzkommission.

Die Bestimmung, auf die sich die Polizei berufen hatte (§ 53 Abs. 3a SPG), sei auf Internet-Chat-Betreiber nicht anzuwenden. Zudem seien dynamische IP-Adressen Verkehrsdaten, die dem Fernmeldegeheimnis und damit dem Richtervorbehalt unterliegen, entschied der VwGH (2007/05/0280).

Im aktuellen Fall wird gegen den User, der sich fälschlicherweise als Frau ausgegeben hatte, nicht weiter ermittelt. Immerhin wurde kein Delikt begangen. Allgemein gibt es aber in Österreich keine Einschränkung bei Beweismittel. Hätte der User das Gesetz gebrochen, wäre auch die illegal ermittelte IP-Adresse vor Gericht anerkannt worden. Ihm würde lediglich Schadenersatz zustehen.

(aich/Red.)

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