Für Sozialhilfe gekommen: Keine Mindestsicherung

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Bei Zuwanderern aus EU-Staaten legen die Gerichte strengere Maßstäbe an: Der Aufenthalt reicht nicht, um Sozialhilfe zu bekommen.

Wien.  Österreichs Gerichte legen strengere Maßstäbe an, wenn es um Sozialleistungen für Zuwanderer aus EU-Staaten geht. Das zeigen höchstrichterliche Entscheidungen, mit denen die Urteile der Vorinstanzen korrigiert wurden.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof (VwGH) ging es um einen Rumänen, der Mindestsicherung einforderte. Der Mann hatte Ende der 1970er-Jahre ein paar Monate in Österreich gearbeitet, dann aber erst in Deutschland und wieder in Rumänien gelebt. Seit 1993 soll er zwar in Salzburg gelebt haben, dies stellte sich aber als Scheinmeldung heraus. In Wahrheit kam der Mann erst im Jahr 2012 wieder dauerhaft nach Österreich. Hier hoffte der 69-Jährige auf einen besseren Zugang zu Medikamenten (er leidet an Diabetes und Lungenkrebs), überdies wollte er seine finanzielle Situation verbessern, die in Rumänien schwierig war.

Bürger aus EWR-Staaten dürfen nur dann länger als drei Monate in Österreich bleiben, wenn sie als Arbeitnehmer oder Selbstständige tätig sind, zur Ausbildung kamen oder wenn sie über ausreichende Existenzmittel verfügen. Der Rumäne hat nur eine geringe Pension. Seine in Österreich lebende Schwester legte zwar bei der Anmeldung des Bruders ein Sparbuch mit 5000 Euro vor, löste es danach aber wieder auf. Zudem wurde für den Mann eine Anmeldebescheinigung als Arbeitnehmer ausgestellt, obwohl er schon als Rentner nach Österreich gekommen war. Ein Ausweisungsverfahren gegen den Mann wurde eingeleitet, zur Ausweisung kam es aber nie.

Der Mann begehrte Mindestsicherung, das Landesverwaltungsgericht Salzburg sah die Voraussetzungen dafür auch gegeben. Zwar sei der Mann ohne ausreichende Mittel ins Land gekommen, aber auch nicht ausgewiesen worden. Zudem sei es fraglich, ob man den Mann in Anbetracht seines Gesundheitszustands überhaupt ausweisen könne. Daher halte er sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf und habe deswegen auch einen Anspruch auf Mindestsicherung.

Die Salzburger Landesregierung wandte sich gegen diese Entscheidung an den VwGH. Dieser verwies auf die jüngere Judikatur des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in den Fällen Dano und Alimanovic. Die Richter in Luxemburg hatten erklärt, dass man EU-Bürgern Sozialleistungen verwehren kann, wenn die Personen ihr Freizügigkeitsrecht in Europa nur nutzen, um woanders bessere Sozialleistungen zu bekommen.

Nicht genug Existenzmittel

Der VwGH hielt darauf fußend fest, dass der Rumäne lediglich über zwei Pensionen in der Gesamthöhe von 164 Euro im Monat verfügt und zusätzlich mit 100 Euro im Monat von seiner Schwester unterstützt wird. Es könne also „keine Rede davon sein“, dass der Mann über ausreichende Existenzmittel verfüge, befand der VwGH (Ro 2015/10/0050) über den Rumänen. Er erfülle nicht die Voraussetzungen, die man laut Unionsbürgerrichtlinie benötige, um einen längeren Zeitraum in einem anderen EU-Staat verweilen zu dürfen. Der Mann habe daher auch kein Recht auf Mindestsicherung, erklärte der VwGH.

Schon zuvor war die Klage des Mannes auf eine Ausgleichszulage zu seiner Pension gescheitert, diesfalls vor dem Obersten Gerichtshof (OGH, 10 ObS 15/16b, „Die Presse“ berichtete im Juni). Der OGH bestätigte die härtere Linie bei der Ausgleichszulage aber nun noch einmal in einem neuen Urteil.

Diesfalls ging es um eine Frau (sie stammt ebenfalls aus Rumänien), die wegen gesundheitlicher Probleme zu ihrem Stiefsohn und dessen Familie nach Wien gezogen war. Die Frau, Jahrgang 1959, arbeitet nicht, sondern erhält nur eine Rente von rund 80 Euro. Das Arbeits- und Sozialgericht Wien und das Oberlandesgericht Wien billigten der Frau ein Recht auf eine Ausgleichszulage zu. Zumal sich die Frau rechtmäßig in Österreich aufhalte und die Behörden die Frau nicht des Landes verwiesen hätten.

Der OGH (10 Ob S53/16s) verwies aber auf die EuGH-Judikatur und lehnte das Ansinnen der Frau ab. Wer nur der Sozialhilfe wegen in einen anderen EU-Staat komme, habe kein Recht auf Sozialleistungen wie die Ausgleichszulage.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.09.2016)

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