Prokop-Kritiker blitzte auch vor Höchstgericht ab

(c) Clemens Fabry
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Asyl-in-Not-Chef Michael Genner wurde zu Recht verurteilt, nachdem er die verstorbene Innenministerin diffamiert hatte.

WIEN (kom). Der Oberste Gerichtshof setzt der Meinungsfreiheit auch im politischen Kontext Grenzen. Wiewohl Kritik nach der Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte „verletzen, schockieren und verstören“ darf, sind laut OGH bar jeder Sachlichkeit primär auf Diffamierung gerichtete Äußerung nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt. Der OGH hat deshalb die Verurteilung von Asyl-in-Not-Obmann Michael Genner wegen scharfer Kritik an der ehemaligen Innenministerin Liese Prokop bestätigt.

Die Nachricht von Prokops Tod zu Sylvester 2006 war noch keine 24 Stunden alt, da meldete sich Genner mit einer – wie er es nannte – „guten Meldung zum Jahresbeginn“ zu Wort: Die völlig überraschend verstorbene „Bundesministerin für Folter und Deportation“ sei „ein willfähriges Werkzeug einer rassistisch verseuchten Beamtenschaft“ gewesen, verkündete Genner via Internet. „Kein anständiger Mensch weint ihr eine Träne nach.“

Genner entschuldigte sich zwar halbherzig („Frau Prokops Familie, ihr Mann, ihre Kinder, deren Gefühle ich verletzt habe, können nichts dafür, dass die Innenministerin eine zutiefst menschenverachtende Politik betrieben hat“); dennoch wurde er wegen übler Nachrede zu einer teilbedingten Geldstrafe von 1200 Euro verurteilt. Er habe Prokop „einer verächtlichen Gesinnung geziehen bzw. eines unehrenhaften Verhaltens beschuldigt“.

Genner blieb nicht nur mit seiner Berufung an das Oberlandesgericht Wien ohne Erfolg. Auch mit einem Erneuerungsantrag an den OGH wegen angeblicher Verletzung der Menschenrechtskonvention: Die Meinungsfreiheit finde ihre Grenze dort, wo Politikern unabhängig von politischen Verhaltensweisen ein persönlich unehrenhaftes Verhalten vorgeworfen werde; Kritik müsse einem Minimum an Mäßigung und Anstand entsprechen, weil auch das Ansehen umstrittener Politiker menschenrechtlich geschützt sei. Die Geldstrafe sei – mit Blick auf Genners besondere Pietätlosigkeit – ohnehin moderat ausgefallen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.12.2009)

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