Internet: Höhere Kosten für Markeninhaber

(c) AP (Virginia Mayo)
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Der Suchmaschinenbetreiber Google kann weiterhin digitale Daten zu Geld machen. Das EuGH-Urteil zu Google-Werbepraktiken hat auch in Österreich Auswirkungen.

London. Die Frage, ob es für Werbende zulässig sein soll, Suchwörter (Keywords) zu buchen, um so Werbung neben oder über dem Suchergebnis von Suchmaschinen auszulösen, beschäftigte zahlreiche Höchstgerichte in Europa. Besondere Aufmerksamkeit verdient der Umstand, dass Werbende nicht nur jedes beliebige Wort bzw. jede beliebige Wortfolge buchen können, sondern auch geschützte Kennzeichen oder Marken der Konkurrenz. So erreichen Unternehmen, dass Internetbenutzer auf ihr Angebot aufmerksam werden, obwohl diese das geschützte Kennzeichen eines konkurrierenden Unternehmens als Suchwort in eine Suchmaschine eingegeben haben.

Wer etwa über Google nach Handtaschen von Louis Vuitton suchte, stieß auf Werbung für billige Kopien. Vuitton verklagte den US-Konzern. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied vorige Woche aber („Die Presse“ hat berichtet), dass diese Art der Werbung erlaubt sein kann. Die Entscheidungen (verb. RS C-236/08, C-237/08, C-238/08 sowie C-278/08) beschäftigen sich neben der Haftung von Googles Werbeplattform AdWords auch eingehend mit der Haftung der Werbekunden von AdWords für die Buchung von Marken als Keywords sowie der Darstellung und dem Inhalt ihrer Werbung.

Der Oberste Gerichtshof (OGH) in Wien war das erste Höchstgericht in Europa, welches sich zum Thema der Verantwortlichkeit von Werbenden geäußert hat (17Ob1/ 07g, Wein & Co.). Im Anlassfall hatte der Werbende jedoch nicht nur die Marke des Konkurrenten als Suchwort gebucht, sondern diese zusätzlich im Text seiner Anzeigen verwendet. Der OGH hielt eine derartige Verwendung einer fremden Marke für unzulässig. Die Frage, ob die Buchung einer fremden Marke als Keyword alleine, also ohne die Verwendung der fremden Marke im Text der Anzeige, Markenrechte verletzt, hatte der OGH dem EuGH bereits 2008 (17 Ob 3/08b, Bergspechte) vorgelegt.

Der EuGH stellte letzte Woche in den Fällen Google vs. Louis Vuitton Malletier und Bergspechte fest, dass der Markeninhaber in seinen Rechten verletzt wird, wenn es für einen Internetbenutzer nicht oder nur schwer erkennbar ist, ob die in der Anzeige beworbene Ware oder Dienstleistung vom Markeninhaber stammt. Ob ein derartiger Zweifel besteht, ist im Einzelfall von den nationalen Gerichten zu entscheiden. Sofern ein nationales Gericht zu dem Schluss kommt, dass die Herkunft der angebotenen Güter oder Dienstleistungen unklar ist, liegt nach dem EuGH eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke und eine Verletzung der Rechte des Markeninhabers vor.

Für die Praxis bedeutet dies, dass es in Hinkunft zwar sehr wohl erlaubt sein wird, die Marke konkurrierender Unternehmen zu nutzen, um auf Suchmaschinen Werbung für das eigene Unternehmen anzeigen zu lassen. Allerdings darf der Text der Anzeige keine Zweifel über eine allfällige Verbindung zum Markeninhaber aufkommen lassen.

Nationale Gerichte am Zug

Auch in Hinblick auf die Frage, ob Googles Werbeplattform in den Genuss einer Haftungsprivilegierung für allfällige Rechtsverletzungen seiner Kunden gemäß Art 14 E-Commerce-RL kommen sollte, überlässt der EuGH die Beurteilung den nationalen Gerichten. Diese sollen klären, ob es sich bei Googles Werbeplattform um einen „neutralen Vermittler“ handelt, welcher lediglich die von den Werbenden eingegebenen Daten verarbeitet und weder Kenntnis noch Kontrolle über die weitergeleiteten oder gespeicherten Informationen besitzt. In diesem Fall hätte Google keine Konsequenzen zu fürchten. Der Umstand, dass AdWords sein Service entgeltlich anbietet und seine Kunden bei der Buchung von Keywords unterstützt, soll nach Ansicht des EuGH in diesem Zusammenhang unbeachtlich sein.

Es bleibt abzuwarten, wie die Entscheidung des EuGH von den nationalen Gerichten interpretiert wird. Französische Gerichte haben sich bisher im Zusammenhang mit Keyword-Advertising sehr restriktiv gezeigt, und so ist davon auszugehen, dass AdWords in Frankreich nicht von der Haftungsprivilegierung des Art 14 E-Commerce-RL profitieren kann. Anders die Lage in Österreich, wo der OGH bereits in der Entscheidung Glucochondrin (4 Ob 194/05s) ausgesprochen hat, dass AdWords als Dienst der Informationsgesellschaft nach § 14 E-Commerce-Gesetz anzusehen und somit privilegiert ist.

Die Entscheidungen des EuGH sind für Markeninhaber und für Werbende von großer praktischer Relevanz, da Keywords in der Regel versteigert werden. In Österreich und einer Reihe anderer europäischer Staaten können Markeninhaber derzeit bei Google verlangen, dass ihre Marke nicht von Dritten ersteigert werden darf. Durch die Urteile des EuGH wird es jedoch voraussichtlich zu einer Änderung von Googles Markenpolitik kommen. In Hinkunft werden wohl auch österreichische Markeninhaber ihre Marken als Keyword, gleichsam im freien Wettbewerb mit ihren Konkurrenten, ersteigern müssen, da diese nun auch von Dritten ersteigert werden könnten. Eine derartige Änderung fand in Großbritannien bereits Mitte des letzten Jahres statt und führte teilweise zu einem empfindlichen Anstieg der Onlinewerbekosten für Markeninhaber.

Regelung auf EU-Ebene wäre sinnvoll

Dieser Auswirkung ist sich der EuGH offensichtlich bewusst; er räumt jedoch ein, dass auch ein hohes Keyword-Gebot keine gute Platzierung garantiert, da Google auch bei der Reihung der Werbeanzeigen eine Vielzahl von (Qualitäts-)Faktoren berücksichtigt. Dies dürfte für Markeninhaber jedoch nur ein sehr schwacher Trost sein, da für Anzeigen ebenso wie für Treffer im Suchergebnis in der Regel gilt, dass nur die bestplatzierten vom Nutzer überhaupt beachtet werden.

Rechtspolitisch wären statt nationaler Regelungen aber einheitliche auf EU-Ebene sinnvoll, zumal Werbung im Internet nicht an Ländergrenzen halt macht.

Mag. Schubert LL.M. (Edinburgh) ist Dissertant an der Karl-Franzens-Universität Graz und betreibt u. a. die Webseite
www.austrotrabant.at.

AUF EINEN BLICK

Der Europäische Gerichtshof fällte ein Urteil zum Streit zwischen Google und Louis Vuitton. Der Luxusartikelhersteller hatte eine Verletzung der Markenrechte gewittert, weil man bei der Suche nach Vuitton auf Werbung für billige Nachahmungen stieß. Der EuGH entschied aber, dass es Werbetreibenden grundsätzlich erlaubt ist, eine fremde Marke zu nutzen, um auf eigene Werbung aufmerksam zu machen. Zu prüfen sei aber, ob Verwechslungsgefahr besteht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.03.2010)

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