Der lange Weg zur völligen Unabhängigkeit

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Die Bestellung der UVS-Mitglieder liegt in Händen der Landespolitik, die umgekehrt in wichtigen Sachmaterien von den Senaten kontrolliert wird. Auswahlverfahren sollten die Unabhängigkeit sichern. Ein Plädoyer.

Wien. Die Bestellung des neuen Vorsitzenden des Unabhängigen Verwaltungssenates (UVS) Steiermark löste harsche Kritik bei der Vereinigung der Mitglieder der Unabhängigen Verwaltungssenate aus. Die Leitungsfunktion übernimmt nämlich ab Jänner 2012 der bisherige Büroleiter des steirischen Agrarlandesrates. Dies sei bei Anwendung europäischer Rechtsstandards undenkbar – ein Sittenbild, so der Vorstand der Vereinigung der Mitglieder der Unabhängigen Verwaltungssenate.

Der Gesetzgeber schuf 1988 mit einer Novelle der Bundesverfassung die Unabhängigen Verwaltungssenate, um den menschenrechtlichen Anforderungen des Art6 EMRK (Recht auf ein faires Verfahren) Genüge zu tun. Die UVS sind zwar keine unabhängigen Gerichte, erfüllen aber die Voraussetzungen eines weisungsfreien „Tribunals“.

Nach der bundesverfassungsrechtlichen Grundlage haben die UVS in den Ländern aus einem Vorsitzenden, einem stellvertretenden Vorsitzenden und der erforderlichen Zahl der sonstigen Mitglieder zu bestehen. Ihre Mitglieder werden von der Landesregierung für mindestens sechs Jahre ernannt. Nach der Konzeption der Bundesverfassung bleibt die weitere Organisation der UVS den Ländern überlassen. Die UVS sind daher organisatorisch Verwaltungsbehörden der Länder.

Diese organisatorische Einordnung verdeutlicht sich auch im Bestellmodus der Mitglieder der UVS. Ein Blick in sämtliche Landesgesetze zeigt, dass der Präsident bzw. der Vorsitzende der UVS, sein Stellvertreter sowie die sonstigen Mitglieder von der jeweiligen Landesregierung bestellt werden. Teilweise sehen die Länder Mechanismen zur Objektivierung vor. Die Bewerber durchlaufen zum Beispiel Verfahren vor Kommissionen, die dann eine Bewertung bzw. Empfehlung abgeben. Bleiben wir in der Steiermark, die Anlass für die Aufregung ist. Die Landesregierung hat vor der Bestellung die Vollversammlung, die sich aus dem Vorsitzenden, seinem Stellvertreter und den sonstigen Mitgliedern zusammensetzt, anzuhören. Wenn die Landesregierung von der Empfehlung der Vollversammlung abweicht, hat sie dies gegenüber der Vollversammlung zu begründen. Die Letztverantwortung und somit das alleinige Recht auf Bestellung liegt daher ausnahmslos bei den Landesregierungen.

Genehme Kandidaten

Wenn somit ein Bewerber die gesetzlichen Voraussetzungen (österreichische Staatsbürgerschaft, Absolvierung des rechtswissenschaftlichen Studiums, fünf Jahre Praxis etc.) erfüllt, kann die Landesregierung den ihr genehmen Vorsitzenden oder die ihr genehmen Mitglieder bestellen. Die Landesgesetze über die unabhängigen Verwaltungssenate enthalten keine Ausschlussgründe für die Bestellung eines Vorsitzenden oder eines Mitgliedes, die Unvereinbarkeitsbestimmungen beziehen sich nur auf die Dauer der Tätigkeit beim UVS. Auch einem Politiker oder eben einem Mitarbeiter eines Politikers steht der Weg zum UVS offen.

Die geäußerte Kritik zur Bestellung des Vorsitzenden des steiermärkischen UVS mag, unabhängig von der Person des bestellten Vorsitzenden, berechtigt sein, greift aber zu kurz. Das Problem ist nicht der Einzelfall, sondern das System. Die Verflechtung der Politik mit der Verwaltung beschränkt sich in Österreich nicht auf die obersten Entscheidungsträger, sondern hat auf sämtlichen Ebenen ein nicht mehr erträgliches Ausmaß angenommen. Ausgangspunkt für eine Entflechtung kann nur eine Änderung der gesetzlichen Grundlage sein.

Die Mitglieder der UVS sind in der Ausübung ihrer Tätigkeit weisungsfrei. Eine Weisungsfreiheit, die angesichts der ihnen übertragenen Aufgaben auch unbedingt erforderlich ist und sich auch beim Bestellmodus widerspiegeln sollte. Es kommt nicht selten vor, dass die Mitglieder der UVS als zuständige Berufungsinstanz über heikle Sachmaterien, in denen Interessen der Länder betroffen sind, entscheiden müssen. Das reicht von der gewerbebehördlichen Genehmigung von Betriebsanlagen bis zu Verwaltungsstrafverfahren.

Die gesetzlich vorgesehene Form der Bestellung liegt in politischen Händen. Es bleibt zu befürchten, dass sich diese Mechanismen auch bei den geplanten Landesverwaltungsgerichten fortsetzen. Die unabhängigen Verwaltungssenate werden dann zwar endlich echte Gerichte sein, aber die Organisation wird wohl weiterhin fest in der Hand der Länder bleiben. Der (Bundesverfassungs-)Gesetzgeber sollte daher darauf achten, dass sich die Unabhängigkeit der zukünftigen Richter bereits in einem Auswahlverfahren niederschlägt, das die fachlichen Fähigkeiten der Bewerber als Grundlage für ihre Bestellung heranzieht.

Mag. Markus Huber ist Mitarbeiter der Volksanwaltschaft.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.06.2011)

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