Lebenspartner: Vertrag bereits jetzt möglich

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Heinisch-Hosek will einen Pakt für Ledige. Sie argumentiert, dass es für Lebensgemeinschaften momentan unzureichende Regelungen gebe. Doch vieles lässt sich auch schon jetzt regeln.

Wien. Auch ohne Trauschein sollen sich Lebenspartner in einem speziellen Vertrag gegenseitig verpflichten können. Dies fordert Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Doch was würde ein neuer Pakt für Ledige eigentlich bringen? „Die Presse“ ging den wichtigsten Fragen nach.

1. Welcher Plan schwebt Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek konkret vor?

Sie möchte einen Vertrag, in dem bestimmte Dinge standardmäßig geregelt sind: nämlich wechselseitiger Beistand, Unterhalt nach der Trennung und die Aufteilung des Vermögens nach dem Ende der Beziehung. Überdies soll in diesem Vertrag die gemeinsame Obsorge über Kinder festgelegt werden können, solange die Beziehung aufrecht ist. Heinisch-Hosek argumentiert damit, dass es für Lebensgemeinschaften momentan unzureichende Regelungen gebe und Partner nach der Trennung „leer ausgehen“. Nicht festlegen will sich die Ministerin, ob der Vertrag beim Notar oder anderswo geschlossen werden soll.

2. Gibt es momentan noch keine Möglichkeit, derartige Fragen unter Lebenspartnern zu regeln?

Doch. Zwei erwachsene Menschen können bereits jetzt jederzeit zum Notar gehen und sich gegenseitige finanzielle Verpflichtungen auferlegen. Schwerlich vereinbaren kann man momentan eine Beistandspflicht, allerdings ist diese bei genauer Betrachtung auch wenig sinnvoll. Während einer intakten Beziehung wird man ohnedies füreinander da sein. Und wenn die Liebe vorbei ist, wird man kaum auf den Beistand des anderen pochen. Die Beistandspflicht ist viel mehr bei der klassischen Ehe relevant. Wer sich während aufrechter Ehe nicht daran hält, kann schuldig geschieden werden (siehe auch Frage vier).

3. Was gilt, wenn man nie beim Notar war? Ist man dann nach dem Ende einer Lebensgemeinschaft rechtlos?

Wenn Partner etwa gemeinsam ein Haus gebaut haben, kann man auch im Nachhinein noch argumentieren, es habe sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gehandelt. Auf diese Weise kann der eine Partner vom anderen Geld fordern. Auch darf man Bares verlangen, wenn sich ein Partner während der Beziehung auf Kosten des anderen bereichert hat. So entschied der Oberste Gerichtshof, dass ein Mann seiner Exfreundin Geld für Wohnen und Essen nachzahlen muss. Er hatte während des Studiums vor allem von seiner Freundin gelebt. Vereinbart war, dass nach seiner Sponsion dafür die Freundin eine berufliche Auszeit nehmen darf und auf Kosten des Freundes lebt. Doch dazu kam es nicht.

Zu beachten ist aber, dass es sich hier um Sonderfälle handelt. Aus bloßer Liebe geleistete Zahlungen (ohne langfristigen Hintergrund) können nach Ende der Lebensgemeinschaft nicht mehr zurückgefordert werden.

4. Wo liegen die Unterschiede von Heinisch-Hoseks Vorschlag und der klassischen Ehe?

Da der Vorschlag der Frauenministerin noch unkonkret ist, kann man die Frage schwer beantworten. Die Rechtswirkungen nach Heinisch-Hoseks Vertrag dürften aber unabhängig davon sein, wer am Scheitern der Beziehung schuld ist. Im Eherecht hängt die Frage, ob und wie viel Unterhalt jemand erhält, auch von der Verschuldensfrage ab.

5. Welche Rechte haben Lebensgemeinschaften momentan?

Lebenspartner müssen etwa bei Gericht nicht aussagen, wenn der andere Partner im Verfahren involviert ist. Überdies gibt es ein Eintrittsrecht bei Mietwohnungen wenn der andere Partner stirbt.

6. Stimmt es, dass man im Spital nichts über den Zustand des Lebenspartners erfahren darf?

Heinisch-Hosek bewirbt ihr Modell auch damit, dass Lebenspartner nach Abschluss des Pakts den Gesundheitszustand des Partners im Spital erfahren können sollen. Nun ist es zwar richtig, dass laut Gesetz Ärzte die Lebenspartner von Patienten nicht informieren müssen. Das gilt aber genauso für Eheleute, auch diesen muss der Arzt nicht Rede und Antwort stehen. Wenn der Mediziner dies trotzdem tut, dann nur, weil er davon ausgeht, dass der Patient hier der Aufhebung der Schweigepflicht zustimmen würde. Wenn sich jemand also glaubhaft als Lebenspartner ausweist, könnte ihn der Arzt auch jetzt schon informieren.

7. Wie viele Lebensgemeinschaften gibt es in Österreich? Und was ist eine Lebensgemeinschaft?

Laut Statistik Austria gab es im Vorjahr 333.000 unverheiratete Paare in Österreich. Unter Lebensgemeinschaft verstehen Juristen Personen, die in einer wirtschaftlichen, einer sexuellen, und in einer Wohngemeinschaft leben, wobei nicht alle Kriterien erfüllt sein müssen. Für eine sexuelle Gemeinschaft im rechtlichen Sinne muss nicht der Beischlaf vollzogen werden, auch etwa Händchenhalten reicht aus. Überdies darf man nicht glauben, dass die Lebensgemeinschaft nur ein Phänomen der Jungen ist. Auch bei Senioren ist diese Form beliebt, zumal man bei einer amtlichen Heirat die Witwenpension verlieren könnte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 2. August 2011)

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