Unternehmen rüsten sich verstärkt gegen Korruption

Unternehmen ruesten sich verstaerkt
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Neue Staatsanwaltschaft: Die Strafjustiz will ab 1. September besser gegen Wirtschaftskriminelle vorgehen können.

Wien. Die Strafjustiz will künftig bei der Aufklärung von Wirtschaftskriminalfällen besser gerüstet sein. Ab 1. September 2011 „fusioniert“ die seit Jänner 2009 bestehende Korruptionsstaatsanwaltschaft mit der neu errichteten Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA). Die Errichtung der WKStA war Teil des vom Justizministerium im Jahr 2010 geschnürten strafrechtlichen Kompetenzpakets, das teilweise bereits am 1. Jänner 2011 mit der Einführung der großen Kronzeugenregelung (nach ihr können Täter, die „auspacken“, völlig straffrei ausgehen) in Kraft getreten ist. Die neue WKStA wird für die bundesweite Ermittlung in Korruptionsfällen sowie in großen und komplexen Wirtschaftsstrafsachen, dazu gehören unter anderem Vermögensdelikte mit mehr als fünf Millionen Euro Schaden, zuständig sein. Die WKStA nimmt ihre Arbeit zunächst mit rund 15 wirtschaftlich geschulten Staatsanwälten auf. Diese werden bei ihren Ermittlungen von Experten der Wirtschafts- und Finanzwelt unterstützt, die Tür an Tür mit ihnen arbeiten werden.

Stärker unter Beobachtung der Konkurrenz

Diese Entwicklungen in der Strafjustiz lassen eines deutlich erkennen: Das Thema Korruption ist in den letzten Jahren in Österreich zunehmend in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt. Heute stehen Unternehmen wie nie zuvor unter Beobachtung ihrer Wettbewerber, der Strafverfolgungsbehörden und auch der Medien. Die Korruptionsrate ist in Österreich ungebrochen hoch. Immer häufiger sind Unternehmen und Manager in Korruptionsfälle verwickelt und Haftungsrisiken sowie Reputationsschäden ausgeliefert. Manager und Mitarbeiter haben oft das Gefühl, man erwarte von ihnen aus einem Selbstverständnis des Geschäfts die Bezahlung von Schmiergeld. Oftmals verlieren Unternehmen auch durch Bestechungshandlungen eines Wettbewerbers eine Geschäftsmöglichkeit.

Mit der Steigerung der Effizienz der Strafjustiz wächst zunehmend der Druck auf Manager und Unternehmen, gegen die Wirtschaftskriminalität zu kämpfen. Mehr noch: Manager und Unternehmen sind vermehrt der Strafverfolgung ausgesetzt. Diese Anspannung ist in vielen Unternehmen spürbar. In Anbetracht der herrschenden Wirtschaftskriminalität und den Folgen von Korruption ist man sich jedenfalls einig: Die Bedeutung für Präventionsmaßnahmen steigt. Hier spielt der Begriff „Compliance“ – die Einhaltung und Befolgung aller Gesetze, Vorschriften und betriebsinternen Regeln zur Vorbeugung von Regelverstößen – eine immer größere Rolle.

In den letzten Jahren wurden zwar immer häufiger Compliance-Programme eingeführt, die das Gesamtkonzept aller freiwilligen und verpflichtenden Maßnahmen im Unternehmen widerspiegeln. Aber in den wenigsten Fällen erstreckten sich diese auf die Prävention von Korruption. Vielmehr beschränkten sie sich auf das Kartell- oder Kapitalmarktrecht. Nur wenige Unternehmen erkannten, dass auch Korruptionsrisiken durch ein Compliance-Programm eingedämmt werden können. Durch den Druck der Justizbehörden und die Folgen von Korruption mehren sich aber die Anzeichen für eine Entwicklung in diese Richtung. Dies zeigt sich durch eine wachsende Anzahl der Compliance-Officer, die in Unternehmen eingestellt werden. Weiters werden Antikorruptionsprogramme, interne Compliance-Richtlinien, Hinweisgebersysteme und sonstige Risikomanagement-Maßnahmen implementiert. Unternehmen nehmen auch immer häufiger strafrechtliche Beratung zur Prävention in Anspruch und lassen von externen Spezialisten Compliance Audits durchführen, um Fehlverhalten im Betrieb nachzugehen und selbst aufzudecken.

Trotz dieser Entwicklungen wird der Korruption in Österreich noch immer nicht die Aufmerksamkeit geschenkt, die dem Delikt gebührt. Wirft man einen Blick über die Grenzen, haben sich Unternehmen und Manager weitaus härteren Gesetzen zu beugen, als sie bislang in Österreich bestehen. Seit 1.Juli kann ein Unternehmen von der britischen Staatsanwaltschaft strafrechtlich verfolgt werden, wenn es kein effizientes Compliance-Programm vorweisen kann. Der neue „UK Bribery Act“ stellt sogar die strengen Regelungen der USA, wie den „Foreign Corrupt Practices Act“ und den „Sarbanes-Oxley Act“, in den Schatten. Diese Verschärfungen treiben die unternehmensinternen Anforderungen nicht nur für börsenotierte Unternehmen weiter nach oben. Nachlässigkeit ist hier sehr teuer. Somit wird Compliance zunehmend zur obligatorischen Managementaufgabe.

„Compliance“ ist kein Allheilmittel

Natürlich ist die Implementierung von Compliance-Maßnahmen kein Wundermittel gegen Korruptionsprobleme. Jedes Unternehmen kann aber entschieden gegen Korruption vorgehen und Haftungsrisiken vermeiden, wie der Erfolg vieler Unternehmen belegt. Aktuelle Unternehmensergebnisse der korruptionsgebeutelten Siemens zeigen, dass sich „Clean Business“ auch tatsächlich wirtschaftlich auszahlt.

Die Zukunft wird zeigen, welche Auswirkungen die am 1. September in Kraft tretende Reform der Staatsanwaltschaft mit sich bringt. Darauf zu warten, wann Bawag/Teil 2 vors Gericht kommt oder wie das Verfahren gegen Uwe Scheuch letztlich ausgehen wird, ist jedoch mit Sicherheit die falsche Strategie. Vielmehr gilt es, den positiven Trend in der Prävention von Korruption fortzusetzen.

Dr. Heidemarie Paulitsch ist Rechtsanwältin bei Schönherr Rechtsanwälte.
h.paulitsch@schoenherr.eu

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.08.2011)

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