Justiz-Geheimnis verraten: Kein Amtsmissbrauch

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Die Leiterin der Einlaufstelle einer Staatsanwaltschaft verriet eine geplante Telefonüberwachung. Weil sie aber beruflich nicht für Überwachungen zuständig ist, sah das Höchstgericht keinen Amtsmissbrauch gegeben.

. . Fast täglich wird in den Medien über eigentlich vertrauliche Informationen aus laufenden Strafverfahren berichtet. Doch welche Strafe drohen Beamten, die solche Informationen weitergeben? Es gilt, das Delikt des Amtsmissbrauchs vom bloßen Verrat eines Amtsgeheimnisses abzugrenzen. Ein aktuelles Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) zeigt, dass nicht immer ein Amtsmissbrauch vorliegen muss, wenn jemand ein im Rahmen der Beamtentätigkeit erfahrenes Geheimnis preisgibt.

Das Landesgericht Innsbruck hatte die Leiterin der Einlaufstelle der dortigen Staatsanwaltschaft verurteilt. Sie hatte einem Verdächtigen verraten, dass sein Telefonanschluss überwacht werde. Der OGH entschied aber nun (14Os23/11f), dass hier kein Amtsmissbrauch vorlag. Amtsmissbrauch liege nämlich nur dann vor, wenn der Beamte im Rahmen seiner beruflichen Befugnisse gehandelt habe. Die Tat muss also mit seinen Aufgaben im Zusammengang stehen. Im vorliegenden Fall war das nach Ansicht des OGH aber zu verneinen. Die Angeklagte, die die Telefonüberwachung verraten hatte, war nämlich eigentlich nur für das Ausdrucken von Polizeiberichten, die Bearbeitung von Post oder das Anlegen von Akten zuständig. Der Fall wurde wieder an die Unterinstanz verwiesen. Der Frau dürfte nun lediglich wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses verurteilt werden.

Der OGH verwies in seinem Urteil auf frühere Entscheidungen. So stellte der Verrat einer bevorstehenden fremdenpolizeilichen Kontrolle in einem Nachtclub durch einen (mit den Aufgaben der Fremdenpolizei betrauten) Abteilungsleiter einer Bezirkshauptmannschaft sehr wohl einen Amtsmissbrauch dar. Dasselbe galt für einen Leiter der kriminalpolizeilichen Abteilung einer Bundespolizeidirektion. Anders entschied der Oberste Gerichtshof im Fall eines Staatsanwalts. Er verriet nicht nur die Einleitung des Strafverfahrens, sondern auch die von ihm persönlich verfügte Kontosperre einer Verdächtigen. Dennoch erfolgte die Verurteilung nicht wegen Amtsmissbrauchs, sondern (nur) wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses.

Befugnis wissentlich missbraucht

Weitaus strenger ist die Rechtsprechung des OGH, wenn sich der Beamte die Informationen beschafft, indem er seine Befugnisse wissentlich missbraucht. Ein Polizist, der ohne dienstlichen Grund das Strafregister oder die Kfz-Zulassungsevidenz bzw. andere personenbezogene Daten aus dem Polizeiregister Ekis abruft, begeht laut OGH etwa dann Amtsmissbrauch, wenn er die Daten an Unbefugte weitergeben will.

Der Unterschied zwischen Amtsmissbrauch und der Verletzung des Amtsgeheimnisses liegt vor allem in der Strafdrohung. Wer bloß Amtsgeheimnisse verletzt, muss mit einer Höchststrafe von drei Jahren rechnen, bei Amtsmissbrauch drohen aber maximal fünf Jahre Haft. Bei Amtsmissbrauch wird somit auch der Jobverlust des Beamten wahrscheinlicher. Er tritt ein, wenn der Beamte zu mehr als einem Jahr bedingt oder zu mehr als sechs Monaten unbedingt verurteilt wird.

Mag. Liane Hirschbrich LL.M. ist Rechtsanwältin in Wien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.10.2011)

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