Später Sieg für A1 gegen T-Mobile

Spaeter Sieg fuer gegen
Spaeter Sieg fuer gegen(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Auftragsvergabe: Die Stadt Wien hat vor fünf Jahren einen Mobilfunk-Auftrag rechtswidrig vergeben. Unrichtig muss das aber nicht gewesen sein.

[WIEN] Es war einer der größten Mobilfunk-Etats, die vor fünf Jahren auf dem Markt zu holen waren: Die Stadt Wien hatte die Errichtung und den Betrieb eines virtuellen Firmennetzes ausgeschrieben. Gleich zu Beginn sollten 7000 Handys zur Verfügung stehen, der Auftragswert wurde – für vier Jahre ab 1. Jänner 2007 gerechnet – auf 6,5 Millionen Euro geschätzt. Den Zuschlag hatte damals der Netzbetreiber T-Mobile bekommen, der mit dem Kampfpreis von 3,08 Millionen A1 (damals Mobilkom Austria) aus dem Feld geschlagen und als Handy-Dienstleister der Stadt abgelöst hat. Das Ausschreibungsverfahren war, wie der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) nun entschieden hat, fehlerhaft;  im Ergebnis falsch muss es deshalb aber nicht gewesen sein. Jedenfalls ist T-Mobile auch heute noch der Netzbetreiber des Rathauses, und A1 kann daran mit rechtlichen Mitteln nichts ändern.

Zurück zur Ausschreibung anno 2006. Die Jagd der Netzbetreiber auf Kunden ist voll im Gange,  mit „Gratis“-Tarifen gaukeln sie vor, Mobiltelefonie sei kostenlos. T-Mobile will die starke Dominanz der aus der Post hervorgegangenen Mobilkom brechen und hat es besonders auf deren Großkunden abgesehen. Die Ausschreibung der Stadt Wien ist also besonders interessant.

Prompt unterbietet T-Mobile den Platzhirschen – in einem Ausmaß, dass A1/Mobilkom meint, es gehe nicht mit rechten Dingen zu. Hauptvorwurf: T-Mobile würde bei seinem Angebot mit unrealistischen Preisen arbeiten; schon allein wegen der Kosten, die der Betreiber für Fremdleistungen tragen müsse (z. B. für die Anschaffung der Handys und die Portierung der Nummern), könne sich die Kalkulation unmöglich ausgehen.

Als T-Mobile den Zuschlag erhält, bekämpft die Mobilkom als Zweitgereihte die Entscheidung der Stadt Wien. Doch der Vergabekontrollsenat findet daran nichts auszusetzen und bestätigt den Zuschlag am 22. Februar 2007. Während T-Mobile schon mit dem Aufbau des Netzes beginnt, geht Mobilkom den Rechtsweg weiter zum Verfassungsgerichtshof. Der lehnt die Beschwerde im September 2007 ab und tritt sie an den VwGH ab.
Dieser hat jetzt der Beschwerde stattgegeben. Denn auch nach Einschätzung des Gerichtshofs hat sich die Stadt zu leichtfertig über die Frage der Preiskalkulation hinweggesetzt. Wien hat zwar angesichts des ungewöhnlich niedrigen Preises eine vertiefte Angebotsprüfung vorgenommen und kam dabei zum Ergebnis, T-Mobile nehme knapp kalkulierte Preise in Kauf, um den Marktanteil zu erhöhen. Auch der Vergabekontrollsenat fand die Preisbildung nachvollziehbar, auch wenn er bloß annahm, dass „jedenfalls im vierten Vertragsjahr“ ein positiver Deckungsbeitrag vorhanden sein werde. Aber: Diese (Ein-)Schätzungen genügen für eine Zuschlagsentscheidung nicht, wie sie nach der VwGH-Rechtsprechung ablaufen soll.

Demnach ist „die Beurteilung der Preisgestaltung auf ihre betriebswirtschaftliche Erklär- und Nachvollziehbarkeit in der Regel aus sachverständiger Sicht zu prüfen“, so der VwGH (2007/04/0201). „Dies gilt insbesondere auch für den vorliegenden Fall, ist doch der Beschwerdeführerin zu folgen, dass die Beurteilung der Kalkulationsgrundlage, insbesondere der Kostenstruktur, von Mobilfunkunternehmen komplexe fachspezifische Fragen aufwirft.“ Zumindest ein oberflächliches Sachverständigengutachten wäre also unbedingt erforderlich gewesen – etwa um zu prüfen, ob der Zuschlagsempfänger den Auftrag nicht gleichsam „kauft“, indem er ihn aus anderen Bereichen quersubventioniert.

Vertrag bleibt aufrecht

Der VwGH hat die Zuschlagsentscheidung wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Am Vertrag der Stadt mit T-Mobile ändert das aber nichts; A1 kann höchstens Schadenersatz verlangen, wobei allerdings noch zu klären wäre, ob die Einholung eines Gutachtens zu einer anderen Entscheidung geführt hätte.
Für Horst Fössl (Singer Fössl Rechtsanwälte), Anwalt von A1, zeigt das VwGH-Erkenntnis eine „strukturelle Schwäche des Rechtsschutzes im Vergaberecht“: Angesichts der kurzen Fristen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge sei die Befassung eines Gutachters meist gar nicht möglich. „Die Schnelligkeit geht hier vor Rechtsrichtigkeit“, sagt Fössl.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2012)

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