Plattform für Raubkopien: Darüber berichten muss man dürfen

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Beihilfe? In Deutschland wurden Medien angezeigt, weil sie über eine illegale Download-Plattform berichteten. Rechtsexperten sehen hierbei ein massives Grundrechtsproblem. In Österreich kann man wegen rein privater Downloads (noch) nicht belangt werden.

Wien. Deutsche Verleger, Autoren und Buchhändler sind empört: Eine illegale Plattform, deren Server angeblich in der Ukraine stehen, veröffentlicht deutschsprachige Bestseller als Raubkopien zum Download. Auch viele Neuerscheinungen sind dort rasch zu haben („Die Presse“ berichtete).

Die deutsche „Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen“ (GVU) soll nun gegen die Anbieter vorgehen, die sind aber schwer greifbar. Rechtliche Schritte gab es dennoch bereits – Anzeigen gegen zwei Zeitungen, die in Deutschland Interviews mit einem Betreiber der Plattform brachten und auch die Internetadresse nannten. Das sei Beihilfe zu einer Urheberrechtsverletzung, lautet der Vorwurf.

Kann es aber tatsächlich verboten sein, über so etwas zu schreiben – in einer Zeitung, einem Onlineforum, auf Facebook? „Dann würde die Meinungsfreiheit extrem eingeschränkt“, sagt Constantin Kletzer, Leiter des IP-Bereichs bei Fiebinger Polak Leon Rechtsanwälte. Das habe auch eine europarechtliche Dimension. Konkret eine grundrechtliche – so ein Fall könnte in letzter Konsequenz vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte landen.

Ein kritischer Bericht müsse jedenfalls erlaubt sein, meint Kletzer, und „da müsste man wohl die Webseite auch nennen dürfen“. Heikler wäre aus seiner Sicht, wenn man unkritisch bis jubelnd über eine illegale Plattform schreibt, die nur wenige Insider kennen. Und wenn sich danach „jeder denkt, das ist super, da muss ich jetzt auch hin“ – und daraufhin womöglich auch noch die legalen E-Book-Downloads einbrechen.

Auch nach österreichischer Rechtslage darf man eine Urheberrechtsverletzung nicht bewusst fördern. Dazu müsse man aber genau das wollen, „und es muss auch so rüberkommen“, sagt Kletzer. Ob aber privater Download überhaupt eine solche Rechtsverletzung sein kann, sei hierzulande noch immer unklar und nicht ausjudiziert.

Österreich: Andere Rechtslage

Ein Verbot der Berichterstattung könne es keinesfalls geben, sagt auch Urheberrechtsspezialist Thomas Höhne (Kanzlei Höhne, In der Maur). Auch er sieht das als Grundrechtsfrage. Was den – grundsätzlich erlaubten – Download für den privaten, persönlichen Gebrauch betrifft, gebe es einen wesentlichen Unterschied zwischen österreichischer und deutscher Rechtslage: „In Deutschland besteht kein Recht auf freie Werknutzung, wenn die Quelle offenkundig rechtswidrig ist.“ In Österreich sollte diese Einschränkung an sich auch eingeführt werden, steht aber noch nicht im Gesetz. Ein Entwurf für eine Urheberrechtsnovelle, die dies vorsieht, liegt auf Eis. Und, so Höhne,„es gilt hier immer noch der Grundsatz: Was nicht verboten ist, ist erlaubt.“ Zwar würden die Gelehrten über das Thema streiten, aber noch kein Urheberrechtsverband habe versucht, das einzuklagen.

Fazit: Man darf wohl in Österreich – zumindest derzeit noch – sogar von einer zweifelhaften Plattform downloaden. Umso mehr muss man dann aber auch darüber berichten dürfen. „Man verbreitet damit in Wahrheit ja auch nichts. Jeder, der das googelt, findet es ohnehin“, so Höhne. Hinsichtlich der Anzeigen in Deutschland zeigt er sich gelassen: „Schauen wir doch erst einmal, ob überhaupt jemand verurteilt wird.“

In einem ähnlich gelagerten Fall (Heise Verlag) – es ging um einen Bericht, der einen Link zu Software zum Umgehen von Copyright-Schutz enthielt – urteilte das Oberlandesgericht München vor Jahren, der Link müsse entfernt werden, der Bericht dürfe aber bleiben. Der deutsche Bundesgerichtshof gab später aber dem Verlag recht und ließ auch den Link wieder zu: Er habe nur der „reinen Informationsbeschaffung“ und nicht der Erleichterung des Bezugs illegaler Software gedient.

Anders wäre es, wenn man ein urheberrechtlich geschütztes Buch hochlädt und Lesern zur Verfügung stellt. „Uploaden ist verboten“, stellt Höhne klar. Deshalb seien auch Tauschplattformen gefährlich, auf die man vor einem Download zuerst selbst etwas hochladen muss. „Das ist rechtswidrig, auch nach österreichischem Recht.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.09.2013)

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