Aber: „Eigene Kenntnis“ von Zahlungsrückständen führe ebenfalls zu Prüfpflicht.
Wien. Die Causa Mathes: Das ist der Fall jenes Wiener Rechtsanwalts, der sich im vergangenen Oktober das Leben nahm. Er hinterließ einen Schuldenberg. Ein Großteil der beim Masseverwalter angemeldeten Forderungen betrifft Klientengelder. Michael Mathes dürfte jahrelang auf Kanzleikonten Eigen- und Fremdgelder vermischt haben. Was auch die Frage aufwarf, ob die Wiener Rechtsanwaltskammer (RAK) bei der Berufsüberwachung versagt hat.
Ein Prüfbericht entlastet die Kammer nun (siehe nebenstehenden Artikel). Erste Hinweise auf Zahlungsverzögerungen hatte sie zwar schon lang vor der von ihr veranlassten Kanzleiüberprüfung. So mahnte sie Mathes ab Mai 2012 wiederholt wegen Beitragsrückständen. Im Bericht erwähnt ist auch ein Prämienrückstand bei der Berufshaftpflicht, der der Kammer im Juni 2012 gemeldet worden sei (allerdings sei dieser am Tag der Mahnung bezahlt worden).
„Zentrales Instrument“
Zu einer Kanzleiüberprüfung kam es dennoch erst, nachdem die Kammer eine „Mitteilung nach § 22 RL-BA“ über Mietzinsrückstände von Mathes für seine Kanzleiräume erhalten hatte. RL-BA steht für die „Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs und für die Überwachung der Pflichten des Rechtsanwalts“. Demnach muss ein Anwalt, der eine Vertretung gegen einen Berufskollegen übernimmt, das der Kammer anzeigen. Diese Mitteilungen nennt Rohrer „ein geradezu zentrales Instrument, um die Gefährdung von Klienteninteressen und die Erforderlichkeit von Maßnahmen abschätzen zu können“. Aber auch durch Anzeigen oder „eigene Kenntnis im Bereich kammerrelevanter Zahlungsverpflichtungen“ könne Prüfpflicht ausgelöst werden. Trotzdem befand Rohrer, es habe keinen relevanten Sorgfaltsverstoß der Kammer gegeben. (cka/hec)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.04.2015)