„Teilzeit sollte kein Dauermodell sein“

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Frauen sind es, die überwiegend in Teilzeit arbeiten. Mit allen Vor-, aber auch Nachteilen, die damit verbunden sind. Probleme gibt es häufig, wenn es um die Entlohnung geht.

Wien. Teilzeit ist nach wie vor ein Thema, das überwiegend Frauen betrifft. In der ersten Hälfte 2015 arbeiteten 48 Prozent der Frauen in Teilzeit. Der Anteil der erwerbstätigen Männer, die eine Teilzeitbeschäftigung ausüben, liegt dagegen bei 11,3 Prozent (siehe Grafik). Für Rechtsanwältin Katharina Körber-Risak sind diese Zahlen erschreckend: „Selbstverständlich muss rund um die Geburt von Kindern die Möglichkeit bestehen, dass Eltern – nicht nur Mütter - für ein, zwei Jahre Teilzeit arbeiten.“ Die Statistik zeige aber, dass es für viele Frauen eher ein Dauermodell ist – mit allen bekannten finanziellen und beruflichen Nachteilen.

Die Ursache dafür liegt für sie auf der Hand. „Es gibt schlicht keine flächendeckende ganztägige, qualitativ hochwertige und leistbare Kinderbetreuung. Sie wird kulturell immer noch als Privatsache angesehen“, kritisiert die Anwältin. Statt hochkomplexer Regeln über die Rechtsdurchsetzung von Teilzeitansprüchen gleich bis zum siebten Lebensjahr eines Kindes wünscht sich Körber-Risak die verpflichtende Einrichtung von Betriebskindergärten bzw. von Kindergartenplätzen, die der Arbeitgeber bezahlt, flächendeckende Nachmittagsbetreuung und Ganztagsschulen auch außerhalb Wiens. „Das wäre eine deutliche Erleichterung für Arbeitnehmer und Unternehmen.“

Den Schutz von Teilzeitarbeitnehmern hält sie für absolut geboten, primäres Ziel sollte dennoch ein anderes sein: „Menschen bzw. Frauen im besten Erwerbsalter nicht strukturell in die Teilzeit zu locken oder zu zwingen. Besser Rahmenbedingungen schaffen, die Vollzeitarbeit und ein Einkommen gewährleisten, das jede Form der Familiengestaltung möglich macht.“

Gleich ist nicht immer gleich

Doch nicht nur gesellschaftspolitisch lässt sich zum Thema „Elternteilzeit“ noch eine Menge sagen. Auch rechtlich gibt es zahlreiche Probleme, die sich in der Praxis stellen. Eines davon ist die Entlohnung von Teilzeitkräften, die jüngst im Fokus der Rechtsprechung steht. Die Teilzeitrichtlinie (97/81/ EG) sieht ein Diskriminierungsverbot aus dem Anlass der Teilzeitbeschäftigung vor. Ganz grundsätzlich darf es unterschiedliche Behandlung nur aus objektiv gerechtfertigten Gründen geben. Zur Frage, wann eine Ungleichbehandlung tatsächlich sachlich gerechtfertigt ist, gibt es schon zahlreiche Judikatur des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH). „In jüngster Zeit hat der EuGH in der Entscheidung Kenny (28. 2. 2013) die Kriterien zusammengefasst“, sagt Körber-Risak.

Im konkreten Fall ging es um irische Polizisten, die im Innen- und Außendienst tätig waren und da im Wesentlichen dasselbe taten, aber trotzdem unterschiedlich entlohnt wurden. Die Frauen erhielten weniger als ihre männlichen Kollegen. Ein Indiz für eine Diskriminierung? „In solchen Fällen muss untersucht werden, ob es sich auch tatsächlich um ,gleiche Arbeit‘ handelt“, so die Arbeitsrechtsexpertin. „Dabei sind nicht nur formale Qualifikationen oder Berufsbezeichnungen maßgeblich, sondern etwa auch die Ausbildungserfordernisse, die für die Ausübung dieser Tätigkeit erforderlich sind.“

Sind all diese Voraussetzungen bei Arbeitnehmer und Arbeitnehmerin gleich, kann der Arbeitgeber die Ungleichbehandlung nur mehr mit einem „wirklichen Bedürfnis“ rechtfertigen. Was das sein könnte, dazu gibt die Entscheidung „Bika“ des EuGH Auskunft. Der Sachverhalt: Ein deutsches Kaufhaus schloss Teilzeitbeschäftigte vom Betriebspensionsanspruch mit der Begründung aus, es wolle möglichst wenig Teilzeitkräfte beschäftigen. Denn diese wollten keine Nachmittags- und Abenddienste machen. Der EuGH meinte, diese Argumentation könne als Rechtfertigungsgrund gelten, sofern diese Begründung nicht bloß vorgeschoben sei, sondern dem „wirklichen Bedürfnis“ des Arbeitgebers entspräche.

Doch zurück zu den irischen Polizistinnen: Die Behörde brachte keine adäquaten Argumente für die Ungleichbehandlung vor. „Und der EuGH nahm den Fall zum Anlass, um festzuhalten, dass etwa ,Interesse an guten Arbeitsbeziehungen‘ für sich allein keine Ungleichbehandlung beim Entgelt rechtfertige, wenn die Arbeit grundsätzlich vergleichbar sei“, so Körber-Risak.

Jüngst hatte sich der Oberste Gerichtshof (OGH) übrigens mit der Frage zu beschäftigen, wie mit Überstundenpauschalen und All-in-Verträgen bei einem Wechsel in Elternteilzeit zu verfahren ist.

Kein Muss für Mehrstunden

Mit einer Museumsmanagerin war eine Überstundenpauschale „bis auf Widerruf“ vereinbart worden. Nachdem sie ihre wöchentlichen Arbeitsstunden im Zuge der Elternteilzeit allerdings auf 30Stunden reduziert und tatsächlich auch keine Überstunden mehr geleistet hatte, strich der Arbeitgeber diese Pauschale. Zu Recht, wie der OGH feststellte.

Anders als Teilzeitbeschäftigte sind Arbeitnehmer in Elternteilzeit nicht zur Mehrarbeit verpflichtet. „Mehrarbeit steht mit der Notwendigkeit der Kinderbetreuung nicht im Einklang. Zwar können sich Arbeitnehmer in Elternteilzeit selbst zur Mehrarbeit verpflichten, aber nicht vom Arbeitgeber dazu verpflichtet werden.“

Gibt es keine Verpflichtung, Überstunden zu leisten, fällt auch die Grundlage für deren pauschale Abgeltung weg. „Eine richtige Entscheidung des OGH“, wie Körber-Risak festhält. „Pauschalabgeltung vereinbart der Arbeitgeber nämlich immer nur in der Erwartung, dass Überstunden auch tatsächlich geleistet werden können.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.10.2015)

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