Entsorger: Leitfaden für Bestbieterprinzip

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Vergaberecht. Gemeindebund und Branchenverband erstellten Musterausschreibung nach neuen Kriterien.

Wien. Bei öffentlichen Auftragsvergaben soll künftig stärker nach dem Bestbieterprinzip vorgegangen werden und nicht mehr primär nach dem billigsten Preis. Eine entsprechende Novelle des Bundesvergabegesetzes wurde – nach Verzögerungen – im Dezember 2015 beschlossen, die neuen Regeln gelten ab 1. März 2016.

Wie sie anzuwenden sein werden, bereitet vielen noch Kopfzerbrechen. Für einen Teilbereich, nämlich Entsorgungsaufträge der Gemeinden, haben der Gemeindebund und der Verband Österreichischer Entsorgungsbetriebe (VÖEB) einen „Leitfaden für eine Musterausschreibung“ ausgearbeitet. Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer und VÖEB-Präsident Hans Roth präsentierten diesen am Mittwoch vor Journalisten.

Konkret betroffen ist etwa die Entsorgung von Restmüll, Klärschlamm, Sperrmüll, gefährlichen Abfällen oder Bauschutt; nicht jene von Verpackungsmaterial, für die die ARA (Altstoff Recycling Austria) und, seit dem Fall ihres Monopols im Haushaltsbereich, auch mehrere Mitbewerber zuständig sind. Wie Roth betonte, seien die Ausschreibungen der ARA jedoch schon bisher nach dem Bestbieterprinzip erfolgt.

Einsprüche vermeiden

Mit dem Leitfaden wolle man mehr Klarheit für die Gemeinden schaffen und „darstellen, dass man Ausschreibungen auch künftig so gestalten kann, dass nicht hundert Einsprüche kommen“, sagte Mödlhammer. Bei der Gestaltung der Kriterien lässt der Leitfaden den Gemeinden viel Spielraum. Sie müssen jedoch auf den Leistungsinhalt abgestimmt und unternehmensbezogen sein und dürfen niemanden diskriminieren. Die bloße „Förderung der regionalen Wertschöpfung“ wäre demnach wohl kein zulässiges Kriterium. Für die Gemeinden bindend ist der Leitfaden allerdings nicht.

Der Preis wird auch künftig bei Auftragsvergaben eine große Rolle spielen, soviel steht fest. Geht es nach den Vorstellungen der Autoren, soll er aber künftig nur noch mit 70 Prozent – oder sogar noch geringer – gewichtet werden, der Rest soll auf diverse qualitative Kriterien entfallen. Konkret geht es dabei etwa um die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Bieterbetriebes, die Qualifikation der Arbeitskräfte sowie um technologische und ökologische Aspekte.

Dabei kann Regionalität plötzlich doch wieder zum Thema werden – zumindest indirekt. So kann etwa der CO2-Ausstoß der Sammelfahrzeuge als Kriterium festgelegt werden. Dann wird bei gleicher Antriebsart der Fahrzeuge wohl derjenige Bieter punkten, der die kürzesten Wegstrecken zurücklegen muss. Die Antriebsart selbst kann zudem ein eigenes Kriterium bilden: Ein Unternehmen, das den Abfall mit Hybridfahrzeugen abtransportiert, könnte dann zusätzliche Punkte sammeln.

„Andere Sieger“

Wesentlich sind auch die umwelttechnischen Standards bei der Behandlung des Mülls. So kann von Bietern, die Müll ins Ausland bringen, der Nachweis verlangt werden, dass die Verfahren und Anlagen dort dem österreichischen Standard entsprechen. „Wenn wir das in der Vergangenheit gehabt hätten, hätten wir hundertprozentig andere Sieger gehabt“, sagte VÖEB-Vorstand Roland Richter, der den Arbeitskreis für die Musterausschreibung leitet.

Im Abfallbereich seien immer wieder Glücksritter unterwegs, meinte auch Mödlhammer. Im Salzburgerland etwa sei wieder eine Deponie aufgetaucht, „die wir mit viel Geld entsorgen müssen“. Und es könne auch nicht angehen, „dass Müll tausende Kilometer in ein anderes Land gekarrt und dort verbuddelt wird, und die EU muss ihn dann wieder ausbuddeln“. Mödlhammer hofft, dass mit dem Bestbieterprinzip Missbrauch erschwert wird – wenn es auch nie möglich sein werde, „allen Schwindel auszuschließen“. Bei Nichteinhaltung von Vorgaben oder Versprechen eines Anbieters empfehle man, mit Pönalregelungen vorzugehen, ergänzte Richter.

Dass die Müllentsorgung mit dem Inkrafttreten des Bestbieterprinzips teurer wird, glauben Mödlhammer und Roth nicht. Dafür sei der Wettbewerb zu groß. „Ausreißer im Billigstbereich“ werde es aber nicht mehr so häufig geben. (cka)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.01.2016)

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