Neue Aufgaben für den Prüfungsausschuss

(c) BilderBox
  • Drucken

Aufsichtsrat. Das Abschlussprüfungsrechts-Änderungsgesetz verlangt vom Prüfungsausschuss intensiveren Einsatz als bisher.

Wien.Der Prüfungsausschuss eines Aufsichtsrats hatte schon in der Vergangenheit wichtige Aufgaben zu erfüllen: Insbesonders hatte er sich mit allen Fragen der Rechnungslegung, der Abschlussprüfung und des Risikomanagements auseinanderzusetzen.

Seit dem 17. Juni 2016, dem Inkrafttreten des Abschlussprüfungsrechts-Änderungsgesetzes 2016 (APRÄG 2016) kommen auf seine Mitglieder noch mehr Aufgaben zu, und es gibt auch Neuerungen, die seine Zusammensetzung betreffen. Und zwar dann, wenn es sich um einen Prüfungsausschuss eines Unternehmens von öffentlichem Interesse oder sogenannter XL-Gesellschaften handelt. Zu Unternehmen von öffentlichem Interesse zählen in Österreich etwa 350 Unternehmen, nämlich alle kapitalmarktorientierten Firmen, Versicherungsunternehmen und Kreditinstitute. Unter XL-Gesellschaften sind solche zu verstehen, die bestimmte im Gesetz aufgezählte Größenmerkmale überschreiten, etwa, dass der Umsatz mehr als 200 Mio. Euro oder die Bilanzsumme mehr als 100 Mio. Euro beträgt.

Branchenerfahrung – ein Muss

Jeder Prüfungsausschuss solcher Gesellschaften muss mindestens einen Finanzexperten in seiner Mitte haben. Sowohl an seiner Unbefangenheit und Unabhängigkeit als auch an jener des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses darf es keinerlei Zweifel geben. Und noch etwas sieht das Gesetz neu vor: „Die Ausschussmitglieder müssen in ihrer Gesamtheit mit dem Sektor, in dem das geprüfte Unternehmen tätig ist, vertraut sein“, so heißt es im Aktien- und GmbH-Gesetz in seiner Neufassung. Für Experten bedeutet das: Wenigstens ein Mitglied muss einschlägige Branchenerfahrung vorweisen können.

Doch welche neuen Pflichten treffen den Prüfungsausschuss nun seit Mitte Juni 2016? Schon bisher musste er den Rechnungslegungsprozess überwachen, nun müssen sich die Mitglieder noch ein bisschen mehr anstrengen. Von ihnen wird verlangt, dass sie Vorschläge machen und Empfehlungen abgeben, die gewährleisten, dass der Rechnungslegungsprozess auch wirklich zuverlässig abläuft. Reines Beobachten ist also zuwenig.

Noch etwas kommt auf den Prüfungsausschuss zu: Er hat zur Auswahl des Abschlussprüfers nunmehr eine öffentliche Ausschreibung abzuhalten, die strengen Kriterien entsprechen muss. So hat er darauf zu achten, dass die Auswahl diskriminierungsfrei abläuft. Die Zeiten, in denen nur die Big-Four-Kanzleien (Deloitte, KPMG, PricewaterhouseCoopers und Ernst & Young) eingeladen wurden, ein Angebot zu legen, sind mit der Gesetzesänderung vorbei. Nach dem Auswahlprozess hat der Prüfungsausschuss eine begründete Empfehlung an den Aufsichtsrat abzugeben. Dabei muss er berücksichtigt haben, dass das Honorar für den Abschlussprüfer wirklich angemessen ist, sprich, nicht zuviel bezahlt wird. Für die Abschlussprüfer sicher ein Schlag in die Magengrube. Denn der Honorardruck wird nur noch größer werden.

Und ist der Abschlussprüfer einmal von den Gesellschaftern bestellt, hat er mit ihnen schriftlich zu regeln, wie die Kommunikation vor, nach und während der Prüfung auszusehen hat. Mit der Teilnahme der Abschlussprüfer an der Herbstsitzung des Prüfungsausschusses, kurz bevor die Abschlussprüfung beginnt, ist es jetzt nicht mehr getan. So viel steht fest.

Kommunikation verbessern

„Mit der Neuregelung wollte man erreichen, dass die Kommunikation zwischen dem Prüfungsausschuss und den Abschlussprüfern intensiviert und verbessert wird“, sagt Peter Bartos, Partner der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO. „Es wird nun ein genaues Prozedere festgelegt werden, wann über welche Themen gesprochen wird oder wie vorgegangen wird, wenn sich neue Fragen und Sachverhalte ergeben.“

Ob sich Bartos von dieser Formalisierung in der Praxis eine Verbesserung erhofft? Das komme darauf an, sagt der Wirtschaftsprüfer: „Es hat schon bisher Prüfungsausschüsse gegeben, mit denen die Kommunikation sehr gut funktioniert hat. Dort, wo es nicht so war, habe ich die Hoffnung, dass die Abschlussprüfer nun mehr Gelegenheiten bekommen, vor dem Prüfungsausschuss darzulegen, was sie tun und was nicht. Das kann zum gegenseitigen Verständnis beitragen.“

AUF EINEN BLICK

Mit dem Abschlussprüfungsrechts-Änderungsgesetz 2016 ändert sich für die Prüfungsausschüsse von Aufsichtsräten viel, nämlich sowohl was ihre Zusammensetzung als auch ihre Aufgaben betrifft. Allerdings sind nur die Prüfungsausschüsse von Unternehmen öffentlichen Interesses (alle börsenotierten Unternehmen, Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen) betroffen und Gesellschaften, die eine im Gesetz definierte Größe überschreiten. Die Novelle ist seit 17. Juni 2016 in Kraft.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.