Steuerfahnder dürfen illegal kopierte Bankdaten nutzen

Schild Steuerparadies
Schild Steuerparadies(c) www.BilderBox.com (www.BilderBox.com)
  • Drucken

Ein Ehepaar zog vor den Menschenrechtsgerichtshof, dieser hatte jedoch an der Verwendung der Daten nichts auszusetzen.

Straßburg. Deutsche Steuerfahnder dürfen Durchsuchungen auf illegal beschaffte Bankdaten stützen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied am Donnerstag in Straßburg in einem Fall aus dem Jahr 2008, dass die Verwendung solcher Daten nicht gegen das Recht auf Schutz der Privatsphäre verstoßen habe. (Beschwerde-Nr. 33696/11).

Geklagt hatte ein deutsches Ehepaar, dessen Wohnung durchsucht worden war, weil der Verdacht bestand, dass sie 100.000 Euro Steuern hinterzogen hatten. Die Durchsuchung basierte auf einer Steuer-CD, die der deutsche Bundesnachrichtendienst aus Liechtenstein gekauft hatte. Ein Bankmitarbeiter hatte die Daten zuvor illegal kopiert.

Ausreichender Schutz für Beschuldigte

Das deutsche Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hatte die Nutzung der Steuer-CD 2010 erlaubt. Es hatte in seiner Entscheidung festgestellt, dass auch Beweismittel, die rechtswidrig erlangt worden sind, im Einzelfall verwendet werden dürfen.

Die Straßburger Richter hatten an diesem Grundsatz nichts auszusetzen. Die Durchsuchung sei auch verhältnismäßig gewesen, heißt es in dem Urteil. Steuerhinterziehung sei nämlich eine gravierende Straftat. Zudem schütze das deutsche Strafverfahrensrecht Beschuldigte ausreichend vor einem Missbrauch – etwa dadurch, dass ein Richter die Durchsuchung anordnen muss. Es weise auch nichts darauf hin, dass die Behörden absichtlich und systematisch Gesetze gebrochen hätten, um an Informationen für die Verfolgung von Steuerstraftaten zu kommen.

Vor allem Nordrhein-Westfalen kauft regelmäßig Bankdaten – teilweise für Millionenbeträge. Nach Angaben des Landesfinanzministeriums lohnen sich diese Investitionen: Dadurch ausgelöste Steuernachzahlungen und Geldstrafen haben sich demnach bis Mitte 2015 auf mehr als 1,8 Mrd. Euro summiert. Die Finanzverwaltung von Nordrhein-Westfalen hat zudem an 27 europäische Länder, auch an Österreich, Datensätze zur Prüfung von Steuerdelikten weitergegeben. Nahezu alle EU-Staaten sollen betroffen sein.

Dem Ehepaar, das jetzt bis nach Straßburg gegangen war, blieb eine Geldstrafe erspart. Die Beweise genügten am Ende nicht für eine Verurteilung. (APA/DPA/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.10.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.