Kein Ausreden auf den De-facto-Geschäftsführer

Kein Ausreden DefactoGeschaeftsfuehrer
Kein Ausreden DefactoGeschaeftsfuehrer(c) Bilderbox
  • Drucken

Steuern: Ausfallshaftung für Steuerschulden juristischer Personen trifft nur die formell bestellten Leitungsorgane.

Wien. Faktischer Geschäftsführer ist, wer nach außen wie ein Geschäftsführer auftritt und nach innen faktisch die Geschäfte der Gesellschaft führt; beides jedoch ohne formell als Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt zu sein. Der tatsächlich bestellte Geschäftsführer ist in solchen Fällen nur ein Strohmann, die Fäden zieht eine Art graue Eminenz im Hintergrund.

Die zivil- bzw. gesellschaftsrechtliche Verantwortlichkeit bewirkt, dass der faktische Geschäftsführer wie ein formell als Geschäftsführer bestelltes Mitglied der Geschäftsführung haftet: und zwar dann, wenn er infolge maßgeblicher Einflussnahme auf die Leitung der Gesellschaft diese oder deren Gläubiger schädigt (Stichwort „Durchgriffshaftung“).

Anderes gilt im Bereich des Steuerrechts. § 9 der Bundesabgabenordnung (BAO), der eine Ausfallshaftung der gesetzlichen Vertreter von juristischen Personen vorsieht, gilt nach ständiger Rechtsprechung ausschließlich für die formell bestellten Mitglieder der jeweiligen Leitungsorgane (Geschäftsführer, Vorstandsmitglieder, Mitglieder von Stiftungsvorständen usw.). Andere Personen – wie etwa faktische Geschäftsführer – können nach dieser Bestimmung daher nicht zur Verantwortung gezogen werden.

Interessant ist in diesem Zusammenhang eine kürzlich ergangene Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates (RV/1438- 10/W). Darin hatte sich die Berufungsbehörde im Rahmen eines Haftungsverfahrens mit dem Argument des (formell bestellten) Geschäftsführers auseinanderzusetzen, wonach in Wirklichkeit eine andere Person faktisch die Geschäfte geführt habe. Deshalb – so der Berufungswerber sinngemäß – könne ihm persönlich wegen der Nichtentrichtung von Abgaben der Gesellschaft kein Vorwurf gemacht werden.

Der UFS hat diese Sichtweise nicht geteilt. Im Gegenteil: Das für die Geschäftsführerhaftung gemäß § 9 BAO notwendige Verschulden sei bereits dann gegeben, wenn sich der Geschäftsführer vor der Übernahme seiner Funktion mit einer Beschränkung seiner Befugnisse einverstanden erklärt bzw. überhaupt eine Beschränkung in Kauf nimmt, die ihm die künftige Erfüllung seiner Verpflichtungen gegenüber den Abgabenbehörden unmöglich macht. Das Einverständnis, nur formell als Geschäftsführer zu fungieren, somit auf die tatsächliche Geschäftsführung keinen Einfluss zu nehmen, stelle eine derartige Beschränkung der Befugnisse eines Geschäftsführers dar. Die Abgabenbehörde dürfe diese schuldhafte Pflichtverletzung des formellen Geschäftsführers – auch nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes – als Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben ansehen.

Flucht aus der Verantwortung

Die Entscheidung des UFS schließt nahtlos an die frühere Judikatur zur abgabenrechtlichen Geschäftsführerhaftung an. Die Überlassung der faktischen Geschäftsführung an einen Dritten (regelmäßig ein Gesellschafter oder bei Privatstiftungen der Stifter) stellt per se eine vorwerfbare Fehlleistung dar, zumal sich der formelle Geschäftsführer damit in der Regel seiner Kontroll- und Überwachungsmöglichkeiten begibt. Will man sich nicht solchen Haftungsrisken aussetzen, ist daher von der Übernahme einer bloß formellen Geschäftsführungsfunktion aus abgabenrechtlicher Sicht dringend abzuraten.

Dr. Franz Althuber, LL.M. ist Rechtsanwalt, Dr. Klaus Perl Rechtsanwaltsanwärter bei
DLA Piper Weiss-Tessbach
Rechtsanwälte in Wien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.06.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.