Sparpaket: Immobiliensteuer auf schiefer Ebene

Sparpaket Immobiliensteuer schiefer Ebene
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Besteuerung von Gewinnen aus Veräußerung von Immobilien ist systematisch richtig. Details sollten aber noch justiert werden: Etwa der Ausschluss der Verlustverwertung.

Wien. Seit dem Wochenende liegt der Gesetzesentwurf für die steuerlichen Maßnahmen des „Sparpakets“ vor. Bei der neuen Immobilienbesteuerung soll, wie schon angekündigt, zwischen Altgrundstücken und Neugrundstücken unterschieden werden (Stichtag ist ein entgeltlicher Erwerb seit dem 1. April 2002). Bei Altgrundstücken werden die Einkünfte aus dem Verkauf pauschal mit 14 Prozent bzw., wenn seit dem 1. Jänner 1988 eine Umwidmung erfolgt ist, mit 60 Prozent des Veräußerungserlöses angenommen. Bei Neugrundstücken, und auf Antrag auch bei Altgrundstücken, werden die tatsächlichen Einkünfte als Differenz zwischen dem Veräußerungserlös und den Anschaffungskosten berechnet. Von den tatsächlichen Einkünften wird ab dem elften Jahr nach der Anschaffung ein Inflationsabschlag von jährlich 2 Prozent (angekündigt waren 2,5 Prozent) bis zu insgesamt höchstens 50 Prozent abgezogen.

Pauschale Bewertung vorteilhaft

Die pauschale Bewertung beim Altvermögen wird für die Steuerpflichtigen in der Regel günstig sein. Eine generelle Bewertung zu tatsächlichen Werten wäre aber schwierig, weil bei lange im Eigentum stehenden Immobilien oft kein Anschaffungswert verfügbar ist. Die Alternative wäre eine Wertermittlung durch Gutachten, die nicht nur mit hohen Kosten verbunden wäre, sondern die auch zu Streitfällen mit dem Finanzamt führen würde. Ein zu hoher pauschaler Maßstab wäre auf der anderen Seite aber verfassungsrechtlich problematisch, weshalb mit der vorgeschlagenen Pauschalierung ein sinnvoller Weg gewählt wird. Es kommt auch nicht zu der in ersten Kommentaren kritisierten rückwirkenden Besteuerung, weil bereits erfolgte Veräußerungen nicht besteuert werden.

Auf Kritik ist auch der geplante Inflationsabschlag gestoßen, weil ein solcher bei anderen Vermögensarten, wie insbesondere bei Finanzanlagen, nicht vorgesehen ist. Der Grund dafür, dass das Steuerrecht die Inflation prinzipiell nicht berücksichtigt, ist wohl primär ein historischer. Gegen eine generelle Berücksichtigung der Inflation wäre auch nichts einzuwenden. Das ist aber unrealistisch, weil dadurch die gesamte Systematik des Steuerrechts gravierend auf den Kopf gestellt würde. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass der Verfassungsgerichtshof den auf Immobilien eingeschränkten Inflationsabschlag akzeptieren wird, weil bisher nicht einmal die gänzliche Steuerbefreiung von Grund und Boden beanstandet wurde.

Das gilt auch für den zur Anwendung kommenden Steuersatz von 25 Prozent, der unter Verweis auf den allgemeinen Steuertarif von bis zu 50 Prozent als zu niedrig bezeichnet wurde. Durch den 25-Prozent-Steuersatz wird eine Gleichstellung mit den Kapitaleinkünften bewirkt. Die Steuer wird oft auch jene treffen, deren Grundstücksverkäufe bisher gänzlich steuerfrei waren. Das Glas sollte deshalb halb voll und nicht halb leer gesehen werden, auch wenn die im Vergleich zu hohe Belastung des Faktors Arbeit evident ist (s. den Beitrag von Helmut Moritz im Rechtspanorama vom 13. Februar).

Gewinne von Grundstückshändlern und Immobilienentwicklern unterliegen auch künftig der vollen Besteuerung mit bis zu 50 Prozent. Das ist nachvollziehbar, weil die Veräußerung von Grundstücken bei diesen Berufsgruppen zum operativen Geschäft gehört. Der volle Steuersatz kommt außerdem bei betrieblichen Grundstücken zur Anwendung, soweit zuvor Wertminderungen zum vollen Steuersatz geltend gemacht wurden.

Zu einer relativen Schlechterstellung gegenüber der bisherigen Rechtslage kommt es für Kapitalgesellschaften. Sie unterliegen an sich zwar nur der Körperschaftsteuer von 25 Prozent. Durch die bei der Gewinnausschüttung erhobene Kapitalertragsteuer von ebenfalls 25 Prozent sind Grundstücksveräußerungen insgesamt aber künftig höher besteuert als bei natürlichen Personen.

Verfassungsrechtliches Problem

Bei privaten Grundstücksverkäufen, die zu einem Verlust führen, soll weder ein Verlustausgleich mit anderen positiven Einkünften noch ein Verlustvortrag in spätere Jahre zulässig sein. In diesem Detail der neuen Regelung dürfte eine verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigende Benachteiligung liegen.

Die neue Immobilienertragsteuer wird schon vor der jährlichen Steuerveranlagung durch die vertragserrichtenden Notare und Rechtsanwälte abzuführen sein. Das führt beim Fiskus zu sofortigen Einnahmen und soll zugleich einen Missbrauch durch Angabe zu niedriger Kaufsummen verhindern. Das Ziel des Gesetzgebers ist legitim. Zumindest eine gewisse missbrauchshemmende Wirkung wird auch gegeben sein, wenngleich der Notar allfällige Absprachen außerhalb seines Beiseins nicht beaufsichtigen kann. Ein Vertragsabschluss ohne Rechtsanwalt oder Notar war aufgrund der dazu notwendigen juristischen Kenntnisse schon bisher unüblich. Dass ein Grundstückserwerb ohne Parteienvertreter künftig aber gänzlich unmöglich wird, ist ein Wermutstropfen.

Im Einkommensteuerrecht bestehen derzeit unterschiedliche Buchführungsvorschriften für rechnungslegungspflichtige Gewerbetreibende und für andere Steuerpflichtige, insbesondere für Landwirte und gewerblich tätige Vereine. Da der wichtigste Unterschied, die Steuerbefreiung von Grund und Boden bei den Nicht-Gewerbetreibenden, künftig wegfällt, sollte gleichzeitig eine generelle Vereinheitlichung der Gewinnermittlung erfolgen.

Vermögenszuwächse erfasst

Insgesamt betrachtet wird mit der neuen Immobilienbesteuerung und der schon im Vorjahr geänderten Kapitalbesteuerung eine bedeutende Systemänderung im Einkommensteuerrecht vollzogen. Während Wertänderungen im Vermögen früher nur bei den betrieblichen Einkünften erfasst wurden, erstreckt sich die Steuerpflicht nun auch auf den außerbetrieblichen und privaten Bereich. Diese umfassende steuerliche Erfassung von Vermögenszuwächsen ist zu befürworten, auch wenn die Umsetzung im Detail mit Abgrenzungs- und Bewertungsfragen verbunden ist. Der Illusion, dass mit singulären steuerlichen Maßnahmen die fundamentalen Probleme von Staat und Volkswirtschaft nachhaltig gelöst werden könnten, wird sich dennoch niemand hingeben.

Ass.-Prof. DDr. Hermann Peyerl, LL.M., arbeitet am Department für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der BOKU Wien.

Steuertipp

Wann verkaufen? Wer in nächster Zeit außerhalb der bisherigen Spekulationsfrist von zehn Jahren eine Immobilie zu veräußern beabsichtigt, sollte den Verkauf wenn möglich noch vor dem 1.April 2012 abschließen. Wer jedoch innerhalb der bisherigen Spekulationsfrist eine Immobilie veräußern möchte, sollte erst nach dem 31. März 2012 verkaufen, weil damit nur 25 Prozent Steuern statt bis zu 50 Prozent fällig werden. Für den Hauptwohnsitz gilt aber auch künftig eine Steuerbefreiung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2012)

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