Frage: Ist Ethanol gut für Brasilien und das Klima? Greenpeace-Antwort: „Ja und Nein"

Lucas Freitas, Peter Babutzky und Greenpeace-Experte Sérgio Leitao
Lucas Freitas, Peter Babutzky und Greenpeace-Experte Sérgio Leitao(c) Thomas Seifert
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Pünktlich um sieben Uhr am Morgen setzte die Lufthansa-Boeing 747 auf der Landebahn in Sao Paulo auf. Nach einem elf StundenFlug durften wir unsere Füße endlich auf brasilianischen Boden setzen. Am Ausgang wartete unser Brasilianischer Kollege Lucas de Freitas, dessen Hilfe schon bei der Reisevorbereitung essentiell war und brachte uns mit seinem Auto vom abgelegen Flughafen direkt nach Higienópolis ins Herz von São Paulo. Nur wenige Stunden nach unserer Ankunft führten wir bereits unser erstes Interview: Sérgio Leitão, Agrartreibstoff-Sprecher von Greenpeace Brasilien, schilderte die durchaus gespaltene Meinung von Greenpeace zum Thema Agrar-Sprit.

„Sind Agrarkraftstoffe gut oder schlecht für Brasilien und die Welt?" Diese Frage kann Sérgio Leitão nicht eindeutig beantworten, da er meint, eine einfache Antwort werde dem komplizierten Thema nicht gerecht. „Sim. Ja, Agrarkraftstoffe sind gut, denn sie sind für das Klima besser als Erdöl", sagt Leitão. Er wirkt konzentriert bei seinen Antworten, formuliert prägnant und konzise. „Não. Nein, Agrarkraftstoffe sind nicht gut, da durch den gestiegenen Bedarf nach Land die Grundstückspreise enorm gestiegen sind. Als Folge ziehen viele Bauern dorthin wo das Land noch billig ist - nach Amazonien."

Dort muss der Regenwald der hohen Nachfrage nach billigem Land weichen. Die grüne Lunge der Erde steht unter Druck. Die Großgrundbesitzer und Landwirte würden die Umwelt-Auflagen der brasilianischen Regierung schlicht ignorieren, sagt Leitão. Er sieht auch einen direkten Zusammenhang zwischen der Vernichtung von Urwald und hohen Land- und Lebensmittelpreisen. „Vom Jahr 2005 bis zum Jahr 2007 hat sich die Zerstörung des Regenwaldes verringert, weil auch die Lebensmittelpreise gefallen sind. Als die Preise 2007 wieder stiegen, erhöhten sich auch automatisch die Abholzungen im Amazonas-Regenwald. Es gibt einen eindeutigen Zusammenhang."

Greenpeace-Experte Sérgio Leitao
Greenpeace-Experte Sérgio Leitao(c) Thomas Seifert

Ende Jänner 2008 musste das brasilianische Umweltministerium bekannt geben, dass im Jahr 2007 die Zerstörung im Amazonas-Regenwald wieder stark zugenommen hatte. Alleine von August bis Dezember letzten Jahres wurden über 7000 Quadratkilometer Amazonas-Regenwald vernichtet. Die brasilianische Regierung versprach die Zerstörung zu stoppen. Dem widerspricht Sergio Leitão massiv: „Das ist reine Image-Politik nach außen. Immer wenn Probleme entstehen behauptet die brasilianische Regierung, dass sie handelt. Im täglichen Leben ändert sich jedoch nichts."

„Ethanol ist nicht Bio"

Bioethanol klingt in den Ohren des Greenpeace-Experten nach Grünfärberei. Greenpeace Brasilien lehnt die Begriffe Bioethanol- und Biosprit ab, da nach ihrer Meinung das Wort „Bio" im Zusammenhang mit diesen Treibstoffen nicht passend ist. Sie bezeichnen Treibstoffe die aus Pflanzen gewonnen werden als „Agrarkraftstoffe".


Auch die EU könne zu einer Verbesserung der Situation beitragen. Greenpeace würde die Produktion von Agrartreibstoff erst unterstützen, wenn die brasilianischen Zuckerrohrproduzenten kein Zuckerrohr mehr in Amazonien anbauen. Wenn die Rechte der Zuckerrohr-Arbeiter geachtet werden und wenn sie den Schaden, den sie bisher nach Meinung von Greenpeace angerichtet haben wieder in Ordnung bringen. „Diese Kriterien sollte die EU auch anwenden, wenn sie Agrar-Kraftstoffe fördern will", betont Leitão. Die momentane Situation sei eine „Todesstrafe" für den Amazonas-Regenwald.

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