"Magischer Cocktail" aus Medizinabfall

Magischer Cocktail Medizinabfall
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Die Plazenta (Mutterkuchen) wird nach der Geburt normalerweise entsorgt. Regenerativmedizinern gilt sie aber als ein Reservoir für adulte Stammzellen.

Was für die einen Abfall ist, ist für die anderen ein wertvoller Rohstoff. Das gilt nicht nur z.B. für die Metallindustrie, sondern auch in der Medizin: Die Plazenta (Mutterkuchen) wird nach der Geburt normalerweise entsorgt. Regenerativmedizinern gilt sie aber als ein Reservoir für adulte Stammzellen. „Diese Zellen besitzen nicht nur die Fähigkeit, sich in andere Zelltypen zu differenzieren, sondern geben auch Faktoren ab, die zu einer Regeneration von geschädigtem Gewebe führen“, erläutert Ornella Parolini, Präsidentin der „International Placenta Stem Cell Society“ (IPLASS). Sie war Gast beim Termis-Weltkongress, bei dem sich diese Woche Experten für Gewebe-Engineering und regenerative Medizin in Wien versammelten.

Diese interessanten Eigenschaften werden zum Teil bereits genutzt: etwa bei großflächigen Hautverbrennungen, bei denen das Amnion, die innerste Eihaut, auf die Wunde gelegt wird, auf dass Haut nachwachse, erläutert Susanne Wolbank, Forscherin am Ludwig Boltzmann Institut für experimentelle und klinische Traumatologie. Nun sollen die Stammzellen auch als „Helfer“ bei anderen Krankheiten dienen.

Zum einen geht es in der Forschung darum, Stammzellen in Reaktoren zu vermehren, um sie Patienten verabreichen zu können. Wie Cornelia Kasper, Biotechnologin an der Uni für Bodenkultur, erläutert, benötigen Patienten einige Millionen solcher Zellen pro Kilo Körpergewicht – und das mehrfach und in einer ganz bestimmten Qualität. Mit solchen Stammzellen werden bereits klinische Versuche etwa an Morbus-Crohn-Patienten durchgeführt. Noch in der präklinischen Entwicklung sind Therapien von Leber- und Lungenfibrosen, Schlaganfall oder Multiple Sklerose. Bis zur Praxisreife werde es zumindest noch drei bis fünf Jahre dauern.

Zum anderen entdeckten die Forscher, dass nicht nur die Stammzellen selbst wirken, sondern auch jene Stoffe, die die Zellen in ihre Umgebung absondern. Wie dieser „magische Cocktail“, so Parolini, genau zusammengesetzt ist, wisse man noch nicht. Aber in Labor- und Tierversuchen klappe bereits so manches.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2012)

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