Eine Schraube, die sich nach getaner Arbeit auflöst

Eine Schraube sich nach
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Der Dachverband ACR hat spannende und innovative Kooperationsprojekte ausgezeichnet.

Chirurgen führen in Österreich alljährlich zumindest 22.400 unnötige Operationen durch: Auf diese Zahl summiert sich nämlich die Zahl der Eingriffe, bei denen Metallschrauben nach Knochenbrüchen wieder entfernt werden müssen, weil sie vom Körper als Fremdkörper abgestoßen werden. Da hatte der Linzer Orthopäde Klaus Pastl eine Idee: Was, wenn man die Metallschrauben durch ein Material ersetzen würde, das vom Körper nicht abgestoßen wird? Und was läge da näher, als ein körpereigenes Material zu nutzen? Idealerweise gleich Knochen?

In manchen Bereichen der Kiefer- und Gesichtschirurgie wird das schon gemacht – das Material von Organspendern ist in Gewebebanken erhältlich. Die Knochenschrauben sind spätestens nach einem Jahr völlig mit dem Knochen verwachsen. Allerdings ließ die mechanische Stabilität bisher zu wünschen übrig. Gemeinsam mit dem Salzburger Medizintechnikunternehmen Vivamed machte man sich an eine Verbesserung der Eigenschaften, gefördert durch FFG-Projekte und mit Unterstützung von Grazer Forschern (Zentrum für Elektronenmikroskopie und Institut für Biomechanik, TU Graz) gelang es, die Stabilität deutlich (um 35 Prozent!) zu erhöhen. Per Elektronenmikroskop wurde die Mikrostruktur des Knochenmaterials im Detail ermittelt und ein mathematisches 3-D-Modell konstruiert, mit dem schließlich das Verfahren, wie aus Knochen Schrauben werden, optimiert wurde.

Diese Innovation, die nächstes Jahr auf den Markt kommen soll, wurde diese Woche mit einem ACR-Kooperationspreis ausgezeichnet. Austrian Cooperative Research (ACR) ist ein Dach über 17außeruniversitären Forschungsinstituten, die vor allem für KMU tätig sind, die sich keine eigene Forschungsabteilung leisten können. Die Bandbreite ist dabei groß, wie die beiden anderen vergebenen Kooperationspreise zeigen: In Zusammenarbeit mit der Holzforschung Austria (HFA) entwickelte das niederösterreichische Familienunternehmen Knapp ein neues System zur Verbindung von Holz und Glas – dadurch können großflächige Wandelemente aus Glas in die Statik eines Hauses miteinbezogen werden. Ein dritter Preis ging an Braincon, eine Medizintechnikfirma, die gemeinsam mit dem Österreichischen Forschungsinstitut für Chemie und Technik (OFI) ein neuartiges Gerät zur Bekämpfung von gefährlichen Krankenhauskeimen (durch Begasung mit Wasserstoffperoxid) entwickelt hat.


Biotech-Innovationen. Damit der Nachwuchs an innovativen Firmen nicht abreißt, dafür sorgt unter anderem der Businessplan-Wettbewerb „Best of Biotech“. Unter den 26 Einreichungen in der heurigen Auflage wurden die drei jungen Unternehmen „Vira Therapeutics“ (Viren zur Krebsbehandlung), „SIMCharacters“ (kleine Patientensimulatoren) und „EveliQure“ (Impfstoffe gegen Durchfallerkrankungen) ausgezeichnet. Seit 2000 haben an dem von der Austria Wirtschaftsservice (AWS) organisierten Wettbewerb 260 Projekte teilgenommen, daraus resultierten 52 Firmengründungen.

ACR

Austrian Cooperative Research (ACR)
ist ein Dach über 17 außeruniversitären Forschungsinstituten, 77 Prozent ihrer jährlich gut 25.000 Aufträge kommen
von kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU).

Die Institute, die schwerpunktmäßig in den Bereichen Nachhaltiges Bauen, Lebensmittelqualität und -sicherheit, Umwelttechnik und Erneuerbare Energien sowie Produkte, Prozesse, Werkstoffe tätig sind, haben zusammen rund
500 Mitarbeiter, ihr Jahresumsatz lag zuletzt bei 53 Millionen Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2012)

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