An Chinas Klügsten soll sich die Genetik der Genies erweisen

An Chinas Klügsten soll sich die Genetik der Genies erweisen
An Chinas Klügsten soll sich die Genetik der Genies erweisen(c) EPA (YAN JUN)
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Intelligenzgene fanden sich noch nie, das könnte sich ändern: In China wurden 1600 Kinder mit IQ über 150 rekrutiert.

Sitzt die Intelligenz in den Genen, sitzt sie gar in einem einzigen Gen? Das ist gänzlich unbeantwortbar, weil sich gerade die intelligentesten Menschen nie einigen konnten, was sie denn ist, die Intelligenz. Immerhin, man kann sich helfen, wie gut oder schlecht oder umstritten auch immer: Seit etwas über 100 Jahren gibt es den Intelligenzquotienten. Er misst und zeigt, was ein Gehirn auf bestimmten Feldern leisten kann: Einstein hatte einen IQ von 160 – der Durchschnittsmensch hat um die 100 –, und die Geige spielen konnte er auch. Er war also nicht nur einseitig begabt. Deshalb suchte man nach seinem Tod in den Falten seines Gehirns. Das entwickelte sich zur Räubergeschichte, in der das Hirn mit dem Auto quer durch die USA kutschiert wurde. Den Sitz von Einsteins Intelligenz fand man nicht, den der Intelligenz im Allgemeinen schon gar nicht.

Aber irgendwo muss sie hausen, und natürlich sind die Hauptkandidaten die Gene. Von Studien an Zwillingen weiß man, dass über die Hälfte der Variabilität der Intelligenz irgendwo im Genom sitzt. Wo? In einem Gen bzw. einer seiner Varianten? Oder im Zusammenspiel vieler Varianten unzähliger Gene? Falls Letzteres, sollte man die Hoffnung eher fahren lassen: Selbst bei der vergleichsweise simplen Herrschaft über die Körpergröße spielen so viele Gene mit, dass die Lage gänzlich unübersichtlich ist. Nicht anders sieht es bisher bei der Intelligenz aus, alles Herumstochern im Genom hat nichts gebracht. Zuletzt ist Robert Plomin (King's College London) im Jahr 2010 gescheitert, obwohl er 350.000 Genvarianten von 7900 Kindern in den Blick genommen hatte.

Vielleicht waren das einfach zu wenige Kinder, vor allem: zu wenige hochintelligente. Auf Letztere will sich Plomin künftig konzentrieren, auf Menschen mit einem IQ von 150 und mehr. Die sind rar, Plomin schätzt, dass unter seinen 7900 „zwei, vielleicht drei“ wären (Nature 497, S.297). Deshalb hat er sich zusammengetan mit Stephen Tsu. Der ist Theoretischer Physiker an der Michigan State University, nebenher berät er das Genomic Institute in Shenzhen, China. Und dort, in China, hat er junge Genies rekrutiert – in Wissenschaftsolympiaden und dergleichen – 1600 insgesamt, alle mit IQ 150 oder mehr. Damit hat er sich in den USA nicht nur Freunde gemacht – „China is Engineering Genius Babies“ titelte das Magazin VICE –, aber Plomin griff zu: „Ich erwarte nicht, dass wir viel finden, aber ich wäre schon glücklich, wenn es etwas Handfestes ist.“ jl

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2013)

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