Auferstanden wie ein Klon: Fälscher Hwang ist wieder da

SOUTH KOREA CLONED DOGS
SOUTH KOREA CLONED DOGS(c) EPA (Hwang Woo Suk´s Bio-Engineering)
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Der Südkoreaner, der die Welt mit embryonalen Stammzellen genarrt hat, feiert eine zweite Karriere. Übler erging es dem Whistleblower, der die Fälschung aufdeckte.

Er kann klonen wie kein Zweiter, der Südkoreaner Woo Suk Hwang, hunderte Tiere hat er schon genetisch kopiert, Rinder, Schweine, Koyoten, Hunde, vor allem die – in seinem Labor bellte der erste Klonhund –, sie fahren ihm Geld in die Scheune, bis zu 100.000 Dollar legen vor allem US-Amerikaner hin, um ihre verstorbenen besten Freunde wieder zum Leben zu erwecken. Das Geld fließt in die Sonam Biotech Research Foundation, ein privates Institut, in dem Hwang seine Klonwunder wirkt und in dem er auch Hof hält, gerade hat er Journalisten von Science (343, S.244) und Nature (505, S.468) empfangen, wohl bestallt, gut gelaunt, gesprächig auch, nur über eines nicht. Darüber, wie er 2005 aussah, und wie es mit ihm aussah: Er lag, von der Justiz verfolgt, unrasiert, völlig entkräftet und entnervt in einem Hospital.

Denn es war gerade aufgeflogen, dass Hwang eine der größten Fälschungen der Wissenschaftsgeschichte hingelegt hatte. Er hatte natürlich nicht nur Tiere geklont – „reproduktiv“, um sie als ganze Lebewesen heranreifen zu lassen –, er wollte auch Menschen klonen, nicht reproduktiv, sondern „therapeutisch“: Er wollte Klone schaffen, um aus ihnen den Stein der Weisen der Bio-Alchemie zu gewinnen, embryonale Stammzellen (ES), das sind die, aus denen sich alle Zelltypen ziehen und alle Transplantate gewinnen lassen. Zumindest in der Theorie: 1997 hatte man ES bei Menschen entdeckt, im selben Jahr war das erste Klonen eines Säugetiers gelungen, das des Schafes Dolly. Nun musste das Gleiche nur noch bei Menschen gelingen. Aber es gelang und gelang nicht, und die ES-Forschung, die den neuen Hoffnungsträger der Medizin mit den schrillsten Tönen gefeiert hatte, geriet in Verlegenheit, Geldnot und Verzweiflung.

Gelähmte wieder gehen machen?

2004 kam die Erlösung: Sie stand in Science und stammte von Hwang, ihm waren ES des Menschen gelungen. 2005 legte er, wieder in Science, nach und publizierte gleich elf ES-Zelllinien, das Verfahren sei nun Routine, es komme bald in die Klinik, einen ersten Patienten habe er schon im Auge, einen zehnjährigen Querschnittgelähmten, ihn wollte Doktor Hwang wieder gehen machen.

Da reichte es Young-Joon Ryu, einem Mitarbeiter Hwangs, er kannte das Kind, er fürchtete das Schlimmste, denn er kannte auch Hwangs sogenannte ES. „Ich wollte das Ganze stoppen“, berichtete er gerade Nature (505, S.593), deshalb wurde er zum Whistleblower, er wandte sich per E-Mail an die TV-Gesellschaft MBC, in zwei Runden. In der ersten ging es darum, wie Hwang an die Eizellen gekommen war, die er als Ausgangsmaterial zum Klonen brauchte. Er hatte sie von Abhängigen – Studentinnen –, das widerspricht jeder wissenschaftlichen Ethik. Das erschien bei MBC am 22. November 2005, ein Sturm der Entrüstung erhob sich im Land – gegen den Whistleblower. Hwang hingegen fand breite Unterstützung, er war der Held der Nation und bestens vernetzt, bis hinauf zum Präsidenten Südkoreas, der durfte Hwangs ersten Klonbullen taufen.

Deshalb zögerte MBC lange mit dem zweiten Teil, Werbekunden hatten mit Abgang gedroht. Erst am 15. Dezember war zu sehen, dass die gesamten ES Hwangs Fälschungen waren, in Wort und Bild, selbst Laien sprang es in die Augen (und man konnte sich nur wundern, dass es den Reviewern für Science nicht aufgefallen war). Jetzt war Hwang nicht mehr zu halten, er verlor seinen Job an der Uni, die Justiz heftete sich auf seine Fersen, er bekam zwei Jahre Haft, die Verfahren laufen bis heute.

Als Nächstes ein Mammut?

Allerdings war auch Ruy nicht mehr zu retten, auch er verlor seinen Job, und er brauchte lange, bis er einen neuen fand. Hwang war rascher wieder da, er schwamm in Spendengeld, auch in staatlicher Forschungsförderung, er brachte seine Klonmaschinen in Schwung, wollte die Landwirtschaft Südkoreas mit Klonrindern versorgen, macht auch immer wieder Schlagzeilen damit, dass er demnächst an das Klonen von Mammuts gehen werde. Darüber schütteln viele den Kopf, die Klonfähigkeiten Hwangs sind hingegen unbestritten.

Und er selbst hält daran fest, dass seine ES überhaupt keine Fälschungen waren, zumindest beim Patentamt Kanadas ist er damit durchgekommen und hat ein Patent erhalten. In der Kollegenschaft glaubt ihm das niemand, aber die Kollegenschaft muss ihn auch wenig interessieren, er hat den Rückhalt seiner Landsleute. Und das Vertrauen: Kaum waren die Berichte in Nature und Science erschienen, stiegen die Aktien all der Firmen, die mit Hwangs Research Foundation in irgendeinem Zusammenhang stehen. Verstört legte Nature in einem Editorial nach (505, S.453): „Übereilt es nicht mit der Rehabilitierung Hwangs!“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2014)

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