Physik: Grenzschicht, die sich selbst schärft

Wiener Physiker entdeckten, dass Diffusion ein System weniger diffus machen kann.

Egal, ob Himbeersaft in Wasser oder Rauch in Luft: Was diffundieren kann, diffundiert, was sich mischen kann, das mischt sich. Spontane Entmischung wird nicht beobachtet, die widerspräche dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik. So sollte auch die Grenzfläche zwischen Festkörpern - deren Atome in den jeweils anderen wandern, diffundieren können - mit der Zeit nicht schärfer, sondern unschärfer werden.

Physiker der Universitäten Wien und Debrecen fanden nun, dass das nicht immer stimmen muss. Sie untersuchten zirka zwei Nanometer dicke Schichten der Metalle Molybdän und Vanadium, die abwechselnd übereinander aufgebracht waren, wie die Dunkler-Nougat-heller-Nougat-Schichten in einem aus der Werbung bekannten Konfekt. Im Gegensatz zu diesem, zeigten die Physiker, gilt für das Molybdän-Vanadium-System: Die Grenzschichten wurden bei gezielter Erwärmung dünner statt dicker.

Das liegt an der Geschwindigkeit, mit der sich die Molybdän-Atome in einer Matrix aus Vanadium bewegen: Sie sinkt, wenn die "Verunreinigung" des Vanadiums durch Molybdän steigt. Wenn man die Probe erwärmt - und damit die Bewegung der Atome beschleunigt -, laufen die Molybdän-Atome daher aus der Grenzschicht ins Vanadium. Übrig bleibt eine verschärfte Grenze - obwohl die Durchmischung, wie's die Thermodynamik will, zugenommen hat.

Gero Vogl, der das "Material Dynamics Network", ein Projekt des Wissenschaftsministeriums, gegründet hat, vergleicht das scheinbar paradoxe Verhalten mit einem Stau auf der Autobahn: Wenn schnellere auf langsamere Autos treffen, schiebt sich deren Reihe zusammen.

Verwenden könnte man das in Science (306, S. 1913) publizierte Ergebnis zur Verkleinerung von Bauteilen in der Mikroelektronik: Deren Grenzen sollen ja auch möglichst scharf sein.

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