Der größte aller Ozeane ist im Innern der Erde

70 Prozent der Erde sind von Wasser bedeckt.
70 Prozent der Erde sind von Wasser bedeckt.(c) Reuters (David Gray)
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In 410 bis 660 Kilometern Tiefe ist vermutlich dreimal so viel Wasser wie in allen Weltmeeren zusammen.

70 Prozent der Erde sind von Wasser bedeckt. Na, ja: Im Innern der Erde lagert vermutlich noch dreimal so viel wie in allen Ozeanen zusammen. Und zwar nicht irgendwo, sondern in der Übergangszone zwischen oberem und unterem Mantel, 410 bis 660 Kilometer tief; es lagert auch nicht einfach, schon gar nicht wie im Meer, es wird hinabtransportiert, in Kristallen, die es unten wieder ausscheiden.

Darauf deutete erst nur ein winziges Mineral, das, in einen Diamanten eingebettet, aus 600 Kilometern Tiefe an die Oberfläche gekommen war. Das Mineral heißt Ringwoodit – nach einem Geologen, der in den 1950er-Jahren seine Existenz postuliert hat –, es entsteht aus dem Hauptbestandteil des oberen Mantels – Olivin –, wenn der in die Übergangszone gerät. Dann ändert sich die Kristallstruktur, und es kann Wasser eingelagert werden. Das fand Graham Pearson (University of Alberta) in dem Einschluss im Diamanten, er publizierte es im März (Nature 507, S.221) und rechnete hoch, dass in der Übergangszone so viel Wasser ist wie in allen Ozeanen zusammen.

Ein Mineral wie ein Schwamm

Steve Jacobson und Brandon Schmand werden es mit gemischten Gefühlen gelesen haben, sie waren auf der gleichen Spur. Brand, Seismologe der University of New Mexiko, hat die Tiefe unter Nordamerika so exakt analysiert, wie es geht: Wenn Wellen durch die Erde laufen, ändern sie in der Übergangszone ihre Geschwindigkeit, daraus lässt sich auf das Material schließen, auch auf den Anteil von Ringwoodit. Und Jacobson, Geophysiker der Northwestern University, simulierte im Labor, was sich in der Übergangszone abspielt: Erst wird aus dem trockenen Olivin Ringwoodit, das Wasser wie ein Schwamm aufsaugt. Und dann, unter weiter steigendem Druck, wird das Wasser ausgeschieden, das Ringwoodit muss es loswerden, es verflüssigt sich: „Dehydrierungsschmelze“ (Science 344, S.1265).

Wie kommt alles hinab? Durch Plattentektonik. Kommt es wieder herauf? Das Wasser nur zu einem kleinen Teil. „Dafür sollte man dankbar sein“, erklärt Jacobsen, der die Menge des Wassers in der Tiefe auf das Dreifache jenes in den Ozeanen schätzt: „Wäre es nicht unten, würde es die Erde bedecken. Nur die höchsten Berge würden herausschauen.“ (jl)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.06.2014)

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