Richard III. genoss seine Hechte und Schwäne gern mit Wein

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In den Zähnen und Knochen des letzten Regenten aus dem Hause York ist archiviert, wo der spätere König als Kind lebte und wie er in seinen letzten Jahren auf ein Luxusleben umstellte. All das lässt sich aus Isotopen – vor allem von Sauerstoff und Stickstoff – lesen.

Dass er es zum König bringen würde, der zwölfte Sohn von Richard, Duke of York, vermutete niemand, deshalb ist über seine Jugend wenig bekannt. Die Mannesjahre aber sind gut dokumentiert, beim Krönungsmahl bogen sich die Tische, auch unter Hechten und Schwänen, der Wein floss in Strömen; die letzten Worte endlich sind jedem vertraut: „A kingdom for a horse!“ Das ist natürlich frei erfunden, sicher jedoch ist, dass Richard III. in der Schlacht von Bosworth erschlagen wurde, er war 30 und der letzte Regent des Hauses York; nun übernahmen die Tudors, auch deshalb verloren sich seine Spuren.

2012 tauchten seine Gebeine wieder auf, unter einem Parkplatz in Leicester: Dort war einst das Kloster, in dem Richard III. beigesetzt wurde; 2013 bestätigten Genanalysen seine Identität. Bald ging Angela Lamb (Nottingham) daran, andere Archive des Skeletts zu erschließen: In Zähnen/Knochen ist gespeichert, wo eine Person sich im Lauf ihres Lebens aufhielt und wovon sie sich ernährt hat. Das zeigen v. a. die Isotopen von Stickstoff und Sauerstoff, und sie zeigen in verschiedenen Geweben verschiedene Lebensphasen: Zähne werden nie umgebaut, in ihnen stecken die frühen Jahre, Knochen werden dauernd umgebaut, beim Oberschenkelknochen geht es langsam, er dokumentiert die letzten zehn, 15 Jahre, bei Rippen geht es rasch, sie sind alle zwei, drei Jahre neu.

Kindheit im regenreichen Wales

Zumindest tun sie das in der Theorie: Die Wissenschaft des Isotopenlesens in Knochen ist jung und mit Unsicherheiten behaftet, deshalb ging es bei der Analyse der Reste Richards III. nicht nur um die Klärung seiner frühen Jahre, sondern umgekehrt auch um die Eichung des Isotopenlesens an wohl bekannten Lebensumständen: Geboren wurde Richard 1452 in Northamptonshire, das liegt eher zum Osten Englands hin, dort regnet es wenig (für englische Verhältnisse). Aber das Sauerstoffisotop 18O – es kommt vor allem mit dem Trinkwasser in den Körper – in den Zähnen zeigt, in Verbindung mit Strontiumisotopen, dass Richard III. im Alter von sieben, acht Jahren eher im regenreichen Westen gelebt hat, vermutlich in Wales; eine historische Quelle unterstützt das.

Dann war er wieder im Osten, kämpfte sich hoch, 1483 wurde er gekrönt. Nun begann die Völlerei, das bezeugt der Vergleich von Oberschenkel und Rippe: Das Stickstoff-isotop 15N dokumentiert die „trophische Ebene“ eines Lebewesens, es reichert sich zur Spitze der Nahrungskette hin an, Pflanzen haben wenig, Pflanzenfresser mehr, Raubtiere am meisten. Menschen haben auch viel, im Mittelalter hatten nur die Reichen viel, das weiß man schon von Analysen von Gebeinen auf englischen Friedhöfen, etwa einem in Fishergate, wo der Adel bestattet wurde, und einem im bäuerlichen Yorkshire.

Die 15N-Werte Richard III. schnellten in seinen letzten drei Lebensjahren an die Spitze der Werte von Fishergate, er lebte im Luxus, tafelte Wild, vierbeiniges und geflügeltes – auch Kraniche und Reiher, so ist es überliefert – und Fisch. Diesen aßen die Armen auch – die Fastenzeiten summierten sich auf ein Drittel des Jahres –, aber sie konnten sich nur billigen Meeresfisch leisten, Hering etwa, die Reichen speisten Luxus aus Flüssen und Seen (Journal of Archeological Science, 17 .8.).

Im Alter: Sauerstoffisotop gibt Rätsel auf

So hielt es Richard III. auch. Aber ein Isotop in seinen späten Jahren gibt ein Rätsel auf: 18O. Es deutet darauf, dass die Aufnahme von Wasser zurückging. Das bringt Lamb auf einen Verdacht: Es könnte daran gelegen sein, dass Richard III. in seinen letzten Jahren mehr zu Wein als zu Wasser griff.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.08.2014)

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