Fische suchen sich ihre Jagdhelfer gut aus

Micropterus salmoides
Micropterus salmoidesU.S. (c) Fish and Wildlife Service/Timothy Knepp
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Forellenbarsche kooperieren bei der Jagd mit Muränen und suchen sich die am besten geeigneten Partner genau aus. Dabei sind sie – trotz ihres kleinen Hirns – genauso wählerisch wie Schimpansen.

Zu den Erfolgsrezepten der Menschen zählt, dass wir so gut zusammenarbeiten können – und dass wir uns flexibel entscheiden können, wann und mit wem wir das tun. Schimpansen können das auch, wenn auch nicht so gut wie wir, das weiß man von Experimenten, in denen sie gemeinsam mit einem Artgenossen an einem Seil ziehen müssen, um an Nüsse oder Früchte zu kommen.

Das liegt nahe, schließlich sind sie unsere nächsten Verwandten. Bei anderen Affen könnte man sich Ähnliches vorstellen, vielleicht sogar bei anderen Säugetieren oder bei Raben, die ja auch ziemlich klug sind. Aber bei Fischen? Das ist schon überraschend. Noch bemerkenswerter: Forellenbarsche (die auf Englisch „coral trouts“ heißen, aber nicht nahe mit Forellen verwandt sind) kooperieren nicht nur mit ihresgleichen, sondern mit Fischen einer ganz anderen Art, mit Muränen. Das sind dicke, bis zu drei Meter lange Aale, die in Unterwasserhöhlen und Korallenriffen versteckt leben und fressen, was sich dorthin verirrt. Die Zusammenarbeit funktioniert so: Die schnellen Barsche treiben ihre Opfer zu den Höhlen, dort frisst entweder die Muräne sie, oder sie treibt sie ins freie Meer, wo die Barsche sie fressen. Diese signalisieren der Muräne sogar durch Gesten, durch Kopfbewegungen und Schütteln ihres ganzen Körpers, wann und wo Opfer kommen.

Nun untersuchten Zoologen um Alexander L. Vail (University Of Cambridge), ob die Barsche gezielt – um nicht zu sagen: bewusst – aus verschiedenen Muränen jene auswählen, die sich am besten bei der Jagd bewähren. Und sie verglichen das Verhalten der Barsche systematisch mit dem Verhalten von Schimpansen bei dem Experiment, bei dem sie an einem Strang ziehen müssen. Ergebnis: Sowohl die Affen als auch die Fische suchen sich schon am zweiten Tag dreimal so häufig die effektiveren Partner aus (Current Biology, 8.9.). Ein Unterschied ist freilich: Die Barsche mussten im Experiment nur tun, was sie in der freien Natur auch tun; die Schimpansen verwenden im Experiment Werkzeuge (Seile), die sie in der Natur nicht verwenden.

Offenbar hätten die Fische trotz ihres kleinen Hirns kognitive Fähigkeiten, die mit denen von Menschenaffen vergleichbar sind, meint Vail. Und er fragt: Haben die Fische und die Affen diese Fähigkeit unabhängig voneinander erworben (Konvergenz nennen das die Evolutionsbiologen), oder stammt sie von einem gemeinsamen Vorfahren? Da dieser wohl ein ziemlich primitives Fischlein war, scheint dies wenig plausibel.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2014)

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