Planen für das nächste Fukushima

Sonja Schmid (Virginia Tech) erforscht, wie man aus Nuklearkatastrophen Lehren für künftige Unfälle ziehen kann. Dafür hat sie jetzt einen Preis der National Science Foundation und den Ascina Award erhalten.

Washington. Bis März 2011 kannten die meisten Nuklearingenieure nur zwei Sorgen: Was tun mit dem Atommüll? Und wie schützt man Kernkraftwerke vor Terroristen? Dann schwappte eine Flutwelle über eine zu niedrige Mauer im japanischen Fukushima und sorgte für den schwersten Unfall in einem Atomkraftwerk seit der Katastrophe von Tschernobyl im Jahr 1986.

Für Sonja Schmid war der Unfall von Fukushima ein Wendepunkt in ihrer Arbeit als Assistenzprofessorin in der Abteilung für Wissenschaft und Technologie in der Gesellschaft an der US-Spitzenuniversität Virginia Tech. „Wenn so etwas sogar in einem so hoch technisierten Land wie Japan passieren kann, kann man mit großer Sicherheit davon ausgehen, dass wieder einmal ein Unfall in einem Atomkraftwerk passieren wird“, sagt sie zur „Presse“. Sie begann, die Erfahrungen aus ihrer Beschäftigung mit der sowjetischen Nuklearindustrie neuen Fragen zu widmen: Was tun, wenn alle Protokolle nutzlos sind? Wie lässt sich Improvisation in nuklearen Krisenfällen lehren? Kann man ein globales System zur Vernetzung von Fachleuten für Kernkraftkatastrophen aufbauen? Dafür hat Schmid nun einen mit rund 420.000 Dollar dotierten Preis der National Science Foundation erhalten; damit will sie in den nächsten fünf Jahren ein Forschungs- und Lehrprogramm aufbauen.

Ihr Buch über die Sowjet-Atomindustrie erscheint demnächst bei MIT Press – und es ist in den Augen einer Fachjury des Wissenschaftsfonds FWF so gut, dass es den mit 10.000 Euro dotierten Preis des Forschernetzwerks Ascina (Austrians Scientists and Scholars in North America) verdient. Dieser Preis wird vom Wissenschaftsministerium gestiftet und jährlich für herausragende Arbeiten verliehen, die von Österreichern an nordamerikanischen Forschungseinrichtungen veröffentlicht wurden. Mit dem Ascina-Nachwuchspreis ausgezeichnet wurden auch Mariella Gruber-Filbin (Dana-Farber Cancer Institute in Boston) und Simon Gröblacher (bis August California Institute of Technology, nun Universität Delft).

Obwohl Schmid die Arbeitsmöglichkeiten in den USA sehr schätzt, ist sie ihrer Heimat verbunden. „Ich schiele noch immer nach Österreich. Man müsste Wege finden, mehr kürzere Lehr- und Forschungsaufenthalte oder Gastprofessuren anzubieten statt zu sagen: entweder du nimmst die ganze Professor und übersiedelst dauerhaft, oder es gibt gar nichts.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.10.2014)

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