Lieber Futter suchen oder einen Partner?

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Entscheidungen fallen geschlechtsspezifisch – und wirken sich auch geschlechtsspezifisch aus.

Tiere müssen unentwegt entscheiden, etwa darüber, ob sie sich über Futter hermachen oder nicht. Dabei spielen der Hunger und die Gefahr mit, beim Fressen von Raubtieren überrascht zu werden, aber auch andere Bedürfnisse, vor allem das der Reproduktion. Viele dieser Entscheidungen zeigen sich an vorderster Front, in der Sinneswahrnehmung: Bei der Fliege Drosophila sorgt Nahrungsmangel dafür, dass Geruchs- und Geschmackssinn stärker sensibilisiert werden; und der Fadenwurm C.elegans moduliert seinen Geschmack je nach Geschlecht.

Von dem hat auch dieser Wurm zwei, es gibt Männchen und Hermaphroditen (frühere Weibchen), die sich selbst befruchten können. Sie können sich aber auch mit Männchen paaren, deshalb suchen Männchen sie auf – und geben diesem Bedürfnis die Priorität, wenn nur der ärgste Hunger gestillt ist. Das hat Douglas Portman (Rochester) gezeigt: Er hat je zwei Würmer auf einer Petrischale platziert, in der Mitte einen Hermaphroditen mit Futter um sich herum, am Rand ein Männchen, auch mit Futter.

Erwartungsgemäß blieb der Hermaphrodit in der Mitte und machte sich über sein Futter her; das Männchen hingegen verweilte nicht lang bei seinem, es streifte herum und suchte einen Partner. Dabei ließ es sich auch nicht von anderem Futter aufhalten, das es auf dem Weg fand.

Hinter dieser Differenz steht ein einziges Paar von Neuronen im Gehirn (AWA), es kontrolliert den Geruchssinn bzw. einen Rezeptor (ODR-10), der auf Futter anspricht. Von diesen Rezeptoren haben Hermaphroditen viele, Männchen wenige, bei ihnen treibt nur Hunger die Zahl in die Höhe, dann sinkt sie wieder und sie gehen auf Partnersuche. Hält man die Zahl hingegen hoch – mit gentechnischer Manipulation –, suchen sie kaum und mit wenig Erfolg. Die umgekehrte Manipulation bei Hermaphroditen verleiht denen ein männliches Verhalten (Current Biology, 16.10.). „Mit der Veränderung einer einzelnen Zelle können wir Verhalten ändern“, schließt Portman: „Geschlechtsspezifische Regulierung von Genen beeinflusst das Verhalten und die Anfälligkeit für Krankheiten.“

Vorsicht vor Fett, Männer!

Bei Fadenwürmern. Nur bei ihnen? Bei Menschen weiß man, dass ein voller Magen die Nase schwächer auf lockenden Essensduft reagieren lässt, Portman vermutet auch geschlechtsspezifische Modulation der Sinne. Das bleibt vorläufig Hypothese, geschlechtsspezifische Auswirkungen mancher Speisen hingegen gibt es, und zwar für Männer böse. Deborah Clegg (Texas University) hat es gerade bemerkt: Gehirne reagieren unterschiedlich auf Fett. Bei Männern bringt hohe Fettaufnahme ein höheres Risiko von Entzündungen im Gehirn, das schlägt dann auf Krankheiten des Herzens durch und auf Diabetes, Frauen sind durch ihr Östrogen bzw. die von ihm modulierte Fettsäurezusammensetzung des Gehirns selbst dagegen gefeit (Cell Reports 18.10.). „Fettreiche Ernährung wirkt unterschiedlich“, schließt Clegg, „das sollte man in der Medizin und bei Ernährungsratschlägen berücksichtigen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.10.2014)

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