Chemie: Luftige Konzepte für die Batterieforschung

Die Lithium-Luft-Batterie speichert im Vergleich zur Lithium-Ionen-Batterie ein Vielfaches an Energie. Bevor sie industriell breit einsetzbar ist, müssen Forscher aber noch besser verstehen, wie sie funktioniert.

Was Elektroautos auf ihrem Erfolgsweg noch immer bremst, ist die Speicherkapazität der Akkus. Sie müssen leistungsfähiger, aber auch leichter und billiger werden. An der TU Graz entwickeln Wissenschaftler bestehende Speicherkonzepte weiter und suchen nach neuen Elementen, die für Batterien verwendet werden können. Für seine Forschungsarbeit erhält Stefan Freunberger vom Institut für Chemische Technologie von Materialien jetzt einen der begehrten ERC-Starting-Grants, eine Förderung des Europäischen Forschungsrates für besonders aussichtsreiche Nachwuchsforscher. Erst kürzlich war es Freunberger mit Kollegen der Universitäten St. Andrews, Oxford und Amiens sowie dem Collège de France gelungen, die Funktionsweise von Lithium-Luft-Batterien ein Stück weiter zu entschlüsseln. Die Wissenschaftler veröffentlichten ihre Arbeit über den Entlademechanismus der Lithium-Luft-Batterie in der letzten Ausgabe von „Nature Chemistry“.

Keine giftigen und teuren Stoffe nutzen

„Die höhere Speicherkapazität hat Charme“, sagt der Chemiker über neue Konzepte für Batterien. Außerdem verwende man dafür nur Elemente, die sehr gut verfügbar sind. „Giftige oder teure Schwermetalle haben keine Zukunft“, so Freunberger. In der Unterschiedlichkeit der Materialien liegt aber auch die Schwierigkeit: Bewährte Methoden zur Herstellung von Elektroden eignen sich für die neuen Materialien oft nicht. Zwar funktionieren Batterien vom Grundprinzip her gleich, die Reaktionsformen unterscheiden sich im Detail aber grundlegend.

Lithium-Luft-Batterien nutzen etwa Sauerstoff aus der Umgebung als Reaktionspartner. Sie bestehen aus einer leitfähigen Elektrolytlösung und zwei Elektroden: einer Anode aus Lithium und einer sauerstoffdurchlässigen Elektrode aus einer leichten Kohlenstoffstruktur, der Kathode. Während des Entladevorgangs verbinden sich die Lithium-Ionen aus der Anode im organischen Elektrolyten mit Sauerstoff – über eine Zwischenstufe von Superoxid – zu Lithiumperoxid. Dieses setzt sich an der Kathode ab. Bei dieser Reaktion werden Elektronen freigesetzt, die als elektrische Energie genutzt werden können.

Beim Aufladen bricht das Lithiumperoxid in Sauerstoff und Lithium auf, das sich an der Anode anlagert. Durch die Reaktion mit Sauerstoff kann aber auch die Kathode angegriffen werden, das mindert die Wiederaufladbarkeit der Batterie. Hier habe sich in Versuchen gezeigt, das die Kapazität der Batterie umso besser ist, je löslicher die Zwischenstufe während des Entlademechanismus ist. Das gleiche Endprodukt sei in der Chemie mitunter über verschiedene Wege erreichbar, aber der Weg entscheide, wie schnell etwas abläuft. Der Knackpunkt bei Lithium-Luft-Batterien sei also die Wahl des Elektrolyten. „Wir haben herausgefunden, dass die sogenannte Donorzahl des Elektrolyten entscheidend für die Löslichkeit ist. Sie definiert, wie sehr sich das Salz im Elektrolyten lösen kann“, so Freunberger. Hohe Donorzahlen hätten etwa Sulfoxide oder die Stickstoffverbindung Imidazol.

Noch Grundlagenforschung

Durch die neuen Erkenntnissen dürfte ein wichtiger Schritt gelungen sein, damit Forscher Lithium-Luft-Batterien besser verstehen. Freunberger warnt aber vor verfrühter Euphorie. Bis zur praktischen Anwendung sei es noch ein weiter Weg: Man dürfe sich nicht vorstellen, dass die neuen Erkenntnisse sofort Anwendung finden. „Das ist Grundlagenforschung. Wie müssen zuerst die grundlegenden Schritte, die in einer Batterie ablaufen, noch besser verstehen.“

Für die Praxis könnten die Erfolge eventuell erst in zehn bis zwanzig Jahren nutzbar sein. Mit dem ERC-Grant will er jedenfalls auch weitere Materialien für Hochenergiebatterien erforschen. (APA/gral)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.11.2014)

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