Zoologie: Bienensterben passiert im Winter

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Das klein strukturierte Imkereiwesen in Österreich dämmt Bienenkrankheiten ein. Ein Forschungsprojekt klärt derzeit die vielfältigen Bedrohungen der „Bienengesundheit“.

Ein eindeutiger Beweis für eine allein verantwortliche Ursache konnte noch nicht erbracht werden. „Wir haben jetzt aber bessere Hypothesen und Theorien“, sagt Bienenforscher Carl Crailsheim von der Uni Graz. Im März 2014 startete „Zukunft Biene“, das Forschungsprojekt zur Bienengesundheit in Österreich. Im Mittelpunkt stehen unter anderem die Wintersterblichkeit der Honigbiene und Ursachenforschung zu Völker- und Bienenverlusten.

In Österreich sei im Vergleich zu den USA die Situation für Bienen wesentlich besser. Crailsheim führt dies auch auf den geradezu industriellen Umgang in der amerikanischen Bienenhaltung zurück. Die kleinräumige Imkersituation in Österreich dämme eine schlagartige Verbreitung von Bienenkrankheiten ein. In Bezug auf die Sterblichkeit von Bienenvölkern ist die Verlustrate von 2013 auf 2014 infolge des milden Winters leicht gesunken. Sie lag mit Verlusten von 12,5 Prozent deutlich niedriger als in den Wintern davor, allerdings immer noch leicht über einer „normalen“ Wintersterblichkeit.

Den Anstoß zum Forschungsauftrag hat noch Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich gegeben. Er hatte sich 2013 wegen der Ablehnung des Verbots der Neonicotinoide, also bestimmter Insektizidmittel für die Landwirtschaft, in der EU-Kommission ins Abseits gestellt und damit sein Ausscheiden aus der Bundesregierung herbeigeführt.

Bedrohung: Viren und Varroa

Berlakovich änderte nach einem Proteststurm seine Haltung, das österreichische Parlament beschloss seinerseits ein auf drei Jahre beschränktes Verbot der Verwendung der Neonicotinoide (ein Jahr länger als dies die EU verordnete), der Nachfolger Berlakovichs, Andrä Rupprechter, initiierte schließlich das Programm „Zukunft Biene“. Das Institut für Zoologie der Uni Graz, das die Koordination des Forschungsprojekts innehat, ist dabei mit dem internationalen Netzwerk Coloss (Prevention of Honeybee Colony Losses), an dem 324 Wissenschaftler aus 62 Ländern beteiligt sind, verbunden.

Crailsheim, Vizepräsident von Coloss, geht in den österreichischen Untersuchungen von acht möglichen Bedrohungen der Honigbiene aus: Varroamilbe,Futtermangel, Pollenarmut, Agrochemikalien, Viren, Bakterien, Wetter und Klima sowie die Völkerführung durch den Imker.

Der Einsatz der Neonicotinoide in der Landwirtschaft ist also nur eines von vielen Bedrohungsszenarien. Aber eines, das sich durch Maßnahmen verhindern oder minimieren lässt. Die Völkerführung liegt in der Hand des Einzelnen: So bezeichnet man Maßnahmen, die Imker zur Entwicklung ihrer Völker setzen, wie etwa Schwarmvermeidung. Die Bekämpfung der Varroamilbe ist seit den 1980er-Jahren ohnehin eine unerlässliche Tätigkeit jedes Bienenhalters.

Während in Untersuchungen in Baden-Württemberg eindeutig die in den Maisbeizmitteln enthaltenen Neonicotinoide als Ursache für die hohe Bienensterblichkeit ermittelt wurden, konnte dies in Österreich nicht in dieser Eindeutigkeit festgestellt werden. Freilich ergaben die Versuche der Grazer Forscher, dass Neonicotinoide, so die Bienen mit diesen in Berührung kommen, deren Immunabwehr stark vermindern. Es macht sie beispielweise anfälliger für den Deformed wing virus, der für die Honigbiene tödlich sein kann.

Virenkrankheiten und die Varroamilbe setzen den Bienenvölkern am stärksten zu. Carl Crailsheim, der seine Bienenvölker in Graz, also nicht im landwirtschaftlichen Gebiet, stehen hat, weiß dies aus eigener Erfahrung: In seiner Anfangszeit als Imker vor 30 Jahren habe er so gut wie keine Bienenvölker verloren. Das hat sich in den vergangenen Jahren geändert.

LEXIKON

„Zukunft Biene“ läuft als Forschungsprojekt bis 2017. Die 2,5 Millionen Euro

kommen vom Umweltministerium, den Erwerbsimkern, Bundesländern, der Uni Graz und der Ages. Koordiniert wird es vom Grazer Zoologen Carl Crailsheim.

Neonicotinoide sind Pflanzenschutzmittel, die bei der Maisaussaat verwendet werden. Bei Bienen kommt es dadurch zu Orientierungsverlust, sie finden nicht in den Bienenstock zurück.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.11.2014)

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