Kinder erforschen Grenzen

Sparkling Science. Sozialwissenschaftler erarbeiten mit jungen Schülern, wo sie im Alltag auf Grenzen stoßen, wie man Grenzen wissenschaftlich betrachtet und was man selbst verbessern kann.

Wo liegt die Grenze zwischen verliebt sein und befreundet sein? „Warum werden Roma und Sinti als „Zigeuner“ beschimpft und ausgegrenzt? Wieviele Sprachen werden in unserer Schule gesprochen?  Das sind nur drei von vielen Fragen, die im Sparkling Science Projekt „Grenzgänge“, gefördert vom Wissenschaftsministerium, von und mit Schülern untersucht werden.

„Wir arbeiten mit Schülern, deren Lebensumstände oft nicht den Weg zur Universität vorzeichnen“ , sagt Projektleiterin Veronika Wöhrer vom Verein Science Communications Research. Der Verein führte bereits in der ersten Ausschreibung des Sparkling Science Programms 2008 ein sozialwissenschaftliches Projekt in einer kooperativen Mittelschule durch. Diesmal sind Schüler zwischen neun und 13 Jahren aus der Lernwerkstatt Brigittenau dabei, wo inklusiv und altersübergreifend, Kinder mit unterschiedlichen sozialen, österreichischen und migrantischen Hintergründen unterrichtet werden.

Wie für die partizipative Sozialforschung typisch wurden Fragestellungen und Methoden gemeinsam mit den Menschen erarbeitet, die Gegenstand der Forschung sind. „In der ersten Woche bringen wir den Kindern bei, was sozialwissenschaftliche Forschung ist, wie man Interviews oder Beobachtungen durchführt“, so Wöhrer. Danach folgen Projektwochen, in denen die Schüler entweder alleine oder in Gruppen ihr Forschungsthema erurieren und zu Ergebnissen kommen sollen.

„Im Vorprojekt wurde klar, dass ,Grenzen' ein Thema ist, das viele betrifft, sei es Sprachgrenzen, räumliche Grenzen oder Grenzen zwischen den Geschlechtern“, so Wöhrer. Die Schüler der Brigittenau erforschen nun verschiedene Grenzen in ihrem Alltag. Wo gibt es Räume, die sie nicht betreten dürfen? Welche Grenzen überschreiten sie, wenn sie soziale Regeln brechen? Eine Schülerin untersuchte sogar, wo bei schlechtem Essen die Grenze liegt. Ihre Umfrage ergab, dass die Mehrheit der befragten Kinder nicht mit dem Essen in der Mensa zufrieden ist. Doch die Essensversorgung zu ändern stellte sich als schwierig heraus. „Wir geben den Kindern und Jugendlichen das Werkzeug mit, die eigene Lebensumwelt mit neuen Augen zu betrachten. Sie lernen neue Kompetenzen und versuchen, Dinge selbst anders zu machen“, sagt die Soziologin. (vers)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.12.2014)

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