Individueller Giftcocktail bei Erdkröten

Sparkling Science. Vet-Med-Forscher untersuchen mit Schülern in Pressbaum und ungarischen Kooperationspartnern, wie anwesende Fressfeinde die Entwicklung und die Giftproduktion von Erdkröten beeinflussen.

Es geht im Tierreich immer um Anpassung: Wer am besten mit der Umwelt zurechtkommt, überlebt. In einem vom Wissenschaftsministerium finanzierten Sparkling-Science-Projekt werden Anpassungen heimischer Erdkröten untersucht. Diese Tiere stehen wie alle Amphibien unter Naturschutz und produzieren in ihrer Haut giftige Sekrete.

„Die Toxine schützen vor Feinden. Wir testen nun gemeinsam mit Schülern der Neuen Mittelschule am Sacré Coeur Pressbaum, ob die Giftproduktion an die Anwesenheit von Raubfeinden angepasst wird“, erklärt Projektmitarbeiterin Katharina Mahr vom Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung der Vet-Med-Uni Wien (Projektleiter: Herbert Hoi und Attila Hettyey). „Seminatürliche Bedingungen“ wurden den Kaulquappen der Erdkröten auf dem Sportplatz der Schule geboten: In 84 Containern zu je 160 Liter durften sich die Amphibien in von Algen und Laub durchzogenem Teichwasser frei entwickeln.

In blickdichten, aber nicht geruchsdichten Käfigen war jeweils ein Räuber im selben Container: Libellenlarven sind besonders gefräßig, Teichmolch, Fisch und Rückenschwimmer stellen moderate Bedrohungen für die Krötenlarven dar. „Die chemischen Untersuchungen laufen bei einem Kooperationspartner ab: Wir wollen wissen, ob sich die komplizierte Giftmischung je nach Fressfeind bzw. von den Kontrollgruppen ohne Feinde unterscheidet.“ Nach abgeschlossener Entwicklung zur Kröte werden die Tiere weiter beobachtet, in Gehegen auf dem Wilheminenberg: Man vermutet, dass die Produktion der Hautgifte energetisch aufwendig ist. Die Forscher wollen daher wissen, ob sich die kostenintensive Giftproduktion auf Wachstum und Überlebensrate auswirkt.

Auch der Einfluss des Klimawandels wird untersucht. Die Überwinterung findet jetzt in Kühlschränken statt, die Winter unterschiedlicher Länge und Härte simulieren. Im Frühling werden die Tiere vermessen, um zu wissen, wie die klimatischen Bedingungen in Kombination mit der Produktion des individuellen Giftcocktails die Entwicklung der Kröten beeinflussen. Wenn die jungen Kröten im Frühling 2015 im Teich, wo ihre Eltern zur Laichentnahme „ausgeliehen“ wurden, wieder ausgesetzt werden, sollten erste Ergebnisse vorliegen. (vers)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.12.2014)

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