Freundschaft in der Waldrapp-Kolonie

Sparkling Science. Gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen in Oberösterreich wollen Forscher der Konrad-Lorenz-Forschungsstelle in Grünau erstmals das soziale Netzwerk der gefährdeten Vogelart untersuchen.

Die Waldrappe aus Grünau im oberösterreichischen Almtal sind weltberühmt. Denn einem Absolventen der Konrad-Lorenz-Forschungsstelle gelang es erstmals, den Zugvögeln in Europa wieder den „rechten Weg zu weisen“: Die Ibisse folgten einem Leichtflugzeug über die Alpen nach Italien. In Grünau gibt es jedoch eine ganzjährig ansässige Kolonie dieser schwarzen Vögel mit rotem langen Schnabel. An den knapp 50 Individuen soll in einem vom Wissenschaftsministerium finanzierten Sparkling-Science-Projekt herausgefunden werden, wie wichtig soziale Netzwerke innerhalb der Vogelkolonie sind.

Die Tiere sind bis EndeFebruar noch im Winterquartier im Wildpark Grünau, doch dann startet wie jedes Jahr die Freiflugsaison. Durch bisherige Daten von Sendern, die an den Tieren angebracht sind, weiß man, dass einzelne Waldrappe Ausflüge bis zur slowakischen Grenze machen. „40 bis 50 Kilometer fliegen sie auf jeden Fall“, sagt Didone Frigerio, Verhaltensforscherin der Uni Wien, die die Vögel seit über 15 Jahren kennt.

Im aktuellen Projekt soll erstmals untersucht werden, welche Tiere gemeinsam fliegen, welche sich gegenseitig unterstützen, ob sich Freundschaften nur zwischen verwandten Vögeln ergeben oder nur zwischen sozial niedrig- bzw. hochrangigen Tieren. „Ähnliche Untersuchungen wurden bei Graugänsen und Raben an unserer Forschungsstelle gemacht. Jetzt wollen wir wissen, wie die sozialen Beziehungen in der Waldrapp-Kolonie vernetzt sind“, so Frigerio. Drei Schulen und zwei Kindergärten sind in die Beobachtungen eingebunden. Die Hälfte der Vögel wird mit Sendern bestückt, die detaillierte Daten der Ausflüge liefern. Die restlichen Vögel sind nur an den Farbringen am Bein individuell zu unterscheiden. Die Kinder und Jugendlichen sollen bei Spaziergängen – auch mit den Eltern – in Grünau, Scharnstein und Mühldorf Buch führen, welche Vögel wo und wann zusammen gesichtet werden. Dazu beginnt das Projekt mit einer Einschulung, wie sich die jungen Beobachter verhalten sollen, um die Tiere nicht aufzuschrecken.

„Außerdem werden wir in Kotproben die Stresshormone der Tiere messen“, so Frigerio. Da bei anderen Arten der Stresslevel eines Vogels sinkt, je mehr Freunde er hat, warten die Forscher gespannt auf die Ergebnisse dieser Vogelart. (vers)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2015)

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