Archäologie: Felsmalerei digital erkennen

(c) ALBERTO MARRETTA / PARCO ARCHEOLOG
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Forscher scannen tausende prähistorische Felsbilder im italienischen Valcamonica-Tal. Österreicher ordnen die Daten.

Archäologen beachten jedes noch so kleine Detail. Sie datieren, nummerieren und beschreiben ihre Funde. Steinmalereien sowie Felsgravuren pausen sie ab. Dann ordnen sie diese in Stilepochen ein. Aber diese Tätigkeiten werden sehr schnell zur monotonen Routinearbeit. Daher entwickelten Wissenschaftler des Instituts für Creative\Media/Technologies (IC\M/T) der FH St. Pölten gemeinsam mit Archäologen aus England, Deutschland und Italien eine neue Technologie zur Datenverarbeitung.

Die Forscher erarbeiteten eine Methode zur automatischen Klassifizierung der Felsmalereien. Computer wandeln Bilder der Malereien in ein Schema aus Strichen und Knotenpunkten um. Die Software erkennt dann anhand der Kontur der Gravuren neue Bilder im Felsen. Diese können so eingeordnet und analysiert werden.

Bis zu 300.000 Felsmalereien

Im Valcamonica-Tal in der norditalienischen Lombardei kommt dieses Programm bereits zum Einsatz. Dort befinden sich, je nach Schätzungen, zwischen 50.000 und 300.000 prähistorische Felsmalereien. „Die archäologische Arbeit kann dabei sehr schnell sehr langweilig werden“, sagt Markus Seidl, stellvertretender Leiter des IC\M/T. Doch zunächst mussten in dem von der EU geförderten Projekt 2500 Felsgravuren mit Satellitenaufnahmen, Drohnen und 3-D-Kameras vor Ort erfasst und gescannt werden. Die Scans liefern den Forschern eine Bildauflösung mit einer Genauigkeit von 0,1 Millimetern.

Die Forscher wollen künftig Rückschlüsse auf die Produktion der Bilder ziehen: etwa ob das Werkzeug aus Metall oder Stein war oder ob gehämmert oder geschlagen wurde. Über die Struktur der Schläge kann man bestimmte Stile klassifizieren, und damit das Alter besser bestimmen. Durch die hohe Auflösung sind auch Gravuren erkennbar, die in dem weichen Felsgestein Norditaliens bereits stark verwittert sind. Das sichert die Bilder für künftige Generationen.

„Langfristig verfrachtet die Methode die Arbeit der Archäologen in das wind- und wettergeschützte Labor“, sagt Seidl. Außerdem automatisiere die Software die Routinearbeiten der Forscher: „Die neue Methode sammelt, dokumentiert und wertet die Felsmalereien von selbst aus. Kurz: Das Verfahren übernimmt alles, was für Archäologen langweilig ist, und ist genauer als das freie Auge.“ Die Digitalisierung macht die Felsmalereien außerdem der Öffentlichkeit dauerhaft zugänglich. Für Besucher gibt es interaktive Animationen und Filme. (por)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.03.2015)

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