Rückbau der Vögel zu Dinos

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Hühnern wächst statt des Schnabels eine Saurierschnauze, wenn zwei Gene manipuliert werden. Ergebnis ist ein „Dino-Huhn“.

Vor etwa 150 Millionen Jahren entwickelten sich aus manchen Sauriern – solchen wie Velociraptor – die Vögel: Sie entwickelten Flugfedern, ihre Krallen vereinten sich zu Flügeln, sie bildeten endlich und spät Schnäbel aus, dann legten sie auch noch die Zähne ab. Wie ging das alles zu?

Seit acht Jahren ist Bhart-Anjan Bhullar ( University of Chicago)hinter den Schnäbeln her: Die entstanden aus den Prämaxillae, das sind spiegelbildliche Knochen vorn am Oberkiefer, zwischen ihnen ist ein Spalt, alles zusammen formt die Schnauze etwa von Dinosauriern und ihren Verwandten, den Krokodilen, wir haben solche Knochen auch, manche Vorderzähne des Oberkiefers sitzen daran.

Im Übergang der Dinos zu den Vögeln verschwand der Spalte, zugleich zog sich das Ganze in die Länge, bis der Schnabel da war. Den molekularen Details ging Bhullar im Vergleich nach, auf der einen Seite betrachtete er Hühner und Emus, auf der anderen Alligatoren, Schildkröten und Eidechsen. Dabei fielen zwei Gene bzw. ihre Verteilung auf, Fgf8 und Lef1: Die sind in Reptilien in zwei kleinen getrennten Bereichen aktiv, rechts und links, bei Vögeln in einem breiten Band.

Im nächsten Schritt manipulierte Bhullar mit Chemikalien die Genexpression in Hühnerembryos so, dass sie die Reptilienform bekam. Und es bildete sich statt des Schnabel eine Schnauze, die der von Velociraptorähnelte (Evolution 12. 5.).

„Reverse Evolution“

Bhullan will keinen Jurassic Park füllen, ihm geht es um die Entwicklung des Schnabels, die er nun mit „reverser Evolution“ ein Stück weit geklärt hat. Aber das „Dino-Huhn“ wurde auch heftig bejubelt, etwa von Jack Horner, einem Paläontologen an der Montana State University, der 2009 ein Buch veröffentlicht hat: „How to Build a Dinosaur: The New Science of Reverse Evolution“. Diese Wissenschaft treibt Horner auch selbst voran, allerdings hatte er noch wenige Erfolgserlebnisse: Er versucht seit Jahren, Hühnern wieder einen Saurierschwanz wachsen zu lassen, es ist ihm bisher nicht gelungen. Nun hofft er auf Anstöße durch Bhullars Erfolg.

Andere sind skeptischer und glauben nicht, dass ganze zwei Gene das Mirakel vollbringen. Es könnte vielmehr Trug sein: Die eingesetzten Chemikalien töten Gewebe, dadurch könnte die Form entstanden sein, die so aussieht wie eine Dinoschnauze.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.05.2015)

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