Was macht Menschen? Dünne Haut, dickes Fett!

(c) EPA (Dean Lewis)
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Was sich in den Genen kaum zeigt, zeigt sich in Proportionen und der Komposition der Körper: die Differenz zwischen uns und unseren Cousins, den Schimpansen. Die haben kaum Fett, aber dicke Haut.

Wenn man Menschen und Schimpansen rein äußerlich betrachtet, springen die Differenzen ins Auge. Blickt man jedoch in ihr Innerstes, den Zellkern, will sich fast nichts zeigen. Aller Suche zum Trotz ist man bei den Genen, die für Proteine zuständig sind, bisher nur auf zwei gestoßen, bei denen wir andere Varianten haben: Das eine ist für die Kiefermuskulatur zuständig und hat unseren Sprechapparat von Muskelpaketen befreit, das andere, Foxp2, sorgt im Gehirn für die Sprachfähigkeit, bei Motorik wie Grammatik.

Also müssen die Differenzen in Genen liegen, die für die Regulation anderer Gene zuständig sind, im Frühjahr haben sich erste im Gehirn gefunden. Und bei der Suche nach weiteren ist der Blick auf das Äußerliche anregend, auf den Körper insgesamt, seine Proportionen, seine Komposition. Aber der ist gar nicht so einfach: Wie viel von uns und den Schimpansen ist Muskel, Fett etc.? Was man ziemlich exakt kennt, auch von unseren frühen Ahnen, sind Knochen und Zähne, aber die anderen Gewebe haben sich von den Ahnen nicht erhalten, und bei unseren Zeitgenossen ist es auch nicht so klar, und bei Schimpansen gibt es kaum Daten.

Diese Lücke hat Adrienne Zihlman (UC Santa Cruz) geschlossen: Sie hat die Kadaver von elf Bonobos vermessen – das sind die friedlicheren Schimpansen, die Konflikte gern mit Sex schlichten –, die teils in der Natur, teils in Gefangenschaft zu Tode kamen: Die Weibchen wiegen im Schnitt 34,27 Kilo, die Männchen 42,67, die Gehirne haben 337 resp. 365 Kubikzentimeter, damit sind die der Weibchen relativ größer. Die Weibchen bestehen zu 37,4 Prozent aus Muskeln, die Männchen zu 51,6. Fett haben beide kaum, dafür ist ihre Haut dick, sie stellt 13 bzw 10,8 Prozent des Körpergewichts.

„Referenzmann“: 40 Prozent Muskeln

Das ist bei uns ganz anders, aber auch nicht so leicht zu erheben. Natürlich wurden Leichen zu Millionen obduziert, aber die waren oft von Menschen, die an Altersschwäche oder Krankheiten gestorben sind, die die Körper geschwächt und verändert haben. Trotzdem hat man einen „Referenzmann“ und eine „Referenzfrau“ errechnet, und Zihlman hat um andere Studien ergänzt. Augenfälligster Unterschied sind die Muskeln: Wir haben insgesamt weniger – Bonobo-Männer: 50 Prozent, Menschenmänner: 40 –, und sie sind anders verteilt. Bei Bonobos sind 46 Prozent in den Armen, bei uns 20, bei uns sind 60 Prozent in den Beinen, bei ihnen 35.

Dafür haben wir viel Fett, bis zu 28 Prozent in der satten Schweiz, sechs bei Nomaden in Kenia, die oft am Hungertuch nagen. Aber auch das ist viel mehr als bei den Bonobos, vor allem bei Frauen: Sie brauchen die Energie für die hungrigen Gehirne der Kinder im Uterus. Gleichgewichtiger ist es bei der Haut, die ist bei uns bei beiden Geschlechtern dünn: sechs Prozent des Körpers (Pnas 1. 6.). Bonobos schleppen doppelt so viel mit sich herum, das hinderte sie auch an der Anpassung an das Leben in den heißen Savannen, in denen unsere Ahnen sich auf zwei Beine erhoben und groß wurden: Nur wir mit unserer dünnen Haut können schwitzen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2015)

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