Genetik: Wir stammen aus der Steppe

AUSTRALIA ANCIENT FOOTPRINTS
AUSTRALIA ANCIENT FOOTPRINTS(c) EPA (Michael Amendolia)
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Völkerwanderungen in der Bronzezeit prägten Eurasien.

Vor etwa 60.000 Jahren wanderten erste Homo sapiens aus Afrika aus, durch die Levante, das haben Genanalysen gerade gezeigt, sie entschieden den Streit darüber, ob die Wanderung direkt nach Norden ging oder erst nach Osten, über die Arabische Halbinsel. Dann, vor etwa 45.000 Jahren, trennten sich die Eurasier von den Ostasiaten. So viel weiß man, später wird es unübersichtlich, unklar ist vor allem, wann und wie die Sprache entstand, deren Varianten heute von Island bis Indien geläufig sind: die indoeuropäische.

Zwei Hypothesen konkurrieren, die eine sieht den Ursprung in Anatolien, dort wurde vor 11.000 Jahren die Landwirtschaft erfunden, vor 7000 Jahren verbreitete sie sich nach Westen, lang war auch umstritten, ob Völkerschaften unterwegs waren („demische Diffusion“) oder sich nur die Kultur verbreitete: Es waren Völker, und sie verdrängten die ansässigen Jäger und Sammler bzw. nahmen sie genetisch in sich auf.

Aber brachten sie auch die indoeuropäische Sprache? In dieser gibt es viele Wörter, die sich auf Fahrzeuge mit Rädern beziehen, die gab es vor 7000 Jahren nicht. Vor 5000 Jahren gab es sie, in der Steppe, dem Gebiet zwischen Schwarzen und Kaspischem Meer, auch viele archäologische Hinweise deuten darauf, dass damals und von dort die nächste Wanderungswelle kam und unter anderem das Indoeuropäische mitbrachte.

Ob wirklich die Sprache so kam, wird man natürlich nie wissen, aber Menschen kamen in der Bronzezeit, das hat zu Jahresbeginn schon David Reich (Harvard) mit Genanalysen damaliger Menschen gezeigt, das zeigt nun noch einmal und verfeinert Eske Willerslev (Kopenhagen), er hatte 101 alte Skelette aus ganz Eurasien zur Verfügung: Demnach machten sich Mitglieder der in der Steppe nomadisierenden Jamnaja-Kultur auf den Weg nach Westen – und nach Osten, weit, das könnte erklären, warum auch in einer Enklave in China Indoeuropäisch gesprochen wird (Nature 10. 6.).

Auch Erbteil: Milchverträglichkeit

Dann gab es auch Rückwanderungen aus dem Westen, aus ihnen wuchs die Sintashta-Kultur im Ural, auch von ihr zogen Mitglieder nach Westen, die Gene zeigen es. Sie zeigen auch, dass von den Völkern Mittelasiens nichts blieb als ihre Gene im Westen, in ihrer Region wurden sie von Ostasiaten verdrängt. Den Westen hingegen prägten sie, ihm bescherten sie auch etwas, was man lang für ein Mitbringsel der Anatolier gehalten hat, die Genvariante, die (auch) Erwachsenen den Verzehr von Milch ermöglicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2015)

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