Wie wächst der Bio-Bereich gesund?

Innsbrucker Agrarsoziologen untersuchen im Projekt „HealtyGrowth“, wie sich der biologische Landbau weiterentwickeln soll: Gemeinsame Werte sind entscheidend.

So richtig Bio gibt es am Marktstand, bei dem man mit dem Landwirt über die Ernte, die glücklichen Kühe und Hühner oder einfach nur über das Wetter plaudern kann. Aber ist es auch noch Bio, wenn dieses Etikett im Supermarkt reihenweise Waren tragen? Beziehungsweise, was muss getan werden, dass diesbezüglich – abgesehen von der korrekten Herstellung der Produkte – beim Konsumenten keine Zweifel aufkommen?

Mit solchen Fragen beschäftigt sich seit drei Jahren der Agrarsoziologe Markus Schermer von der Uni Innsbruck im europaweiten Forschungsprojekt „HealtyGrowth“. Am Beispiel von drei österreichischen Vermarktungsinitiativen war er dem „gesunden Wachstum“ auf der Spur: Bio vom Berg (Tirol), sowie Biohof Achleitner und Bio-Region Mühlviertel (beide Oberösterreich).

„Die Frage war, wie Biolandbau wachsen kann, ohne seine Werte zu korrumpieren“, sagt Schermer. Wobei die Innsbruck Wissenschaftler besonderes Augenmerk auf die Kommunikation legten. Andere Forschungsgruppen gingen der Organisation, der Geschäftslogik, der Vermittlung der Werte entlang der Wertschöpfungskette oder der Stabilität von Bio-Landwirtschaft an insgesamt 20 Beispielen nach.

Kommunikation zentral

Für seinen Bereich, so Schermer, habe sich herausgestellt, dass die persönliche Kommunikation durch nichts ersetzt werden könne. Sie finde nur auf einer anderen Ebene statt. „Es findet immer noch relativ viel Kommunikation statt. Und zwar besonders zwischen Lieferant und Supermarkt.“ Entscheidend sei aber, fand man heraus, dass die Partner entlang der Wertschöpfungskette gemeinsame Werte teilen. „Das ist nicht eine rein geldbasierte Beziehung, sondern sie haben einen gemeinsamen Wertekern. In gewisser Weise ist es eine Symbiose“, sagt Schermer.

Die untersuchten Initiativen zeigen auch ein anderes Modell von Wachstum, das darauf beruht, dass immer mehr kleine Einheiten von einer Plattform oder einem zentralen Unternehmen koordiniert werden. Letztlich profitierten davon alle, so Schermer: „Ein Bauer hat vor allem einen Wunsch: Der Betrieb soll rund laufen, die Kombination aller Ressourcen optimal bleiben. Wachstum ist für kleine Landwirtschaften ein Riesen-Problem.“

Wenn nun zum Beispiel die untersuchte Vermarktungsgesellschaft Bio vom Berg mit zehn Kleinsennereien eine Supermarktkette beliefere, könne jede der Sennereien so klein bleiben, wie sie möchte. Gleichzeitig garantiere Bio vom Berg durch den Zusammenschluss und eine Absprache in der Produktpalette, dass ausreichend Sennereiprodukte an den Supermarkt geliefert würden.

Allheilmittel sei diese Entwicklung aber keines, dämpft Markus Schermer die Begeisterung: „Man findet in ganz Europa solche Modelle. Aber ich würde nicht behaupten, dass das generell der Weg ist, wo es hin geht.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.08.2015)

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