Auch bei Finken: Liebe lässt sich nicht erzwingen

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Monogame Vögel wählen ihre Partner nicht nach den Genen, sondern nach dem Verhalten. Das bringt Bruterfolg.

Zebrafinken sind auch nur Menschen, zumindest in gewisser Hinsicht: Sie prüfen lang, mit wem sie sich binden, und bei dem bleiben sie dann ihr Leben lang, allerdings nehmen sie es mit der Treue nicht übergenau. Und sie wählen auch ähnlich wie Menschen und ganz und gar nicht so, wie die klassische Evolutionstheorie mit ihrer Sexualwahl sich das vorstellt: In der zeigen (meist) die Männchen ihre Qualität bzw. die ihrer Gene, sie zeigen sie mit Luxus, den sie sich leisten können, Pfauenschwänzen etwa. Die Weibchen wählen die Stärksten und Schönsten, vielleicht modifiziert danach, wie gut deren Gene zu den eigenen passen, zu eng soll die Verwandtschaft nicht sein.

Aber Zebrafinken wählen ganz anders, für Beobachter oft nicht nachvollziehbar, Sie wählen danach, wo die Liebe hinfällt. Und wo fällt die hin? Geht es irgendwie doch um „genetische Vereinbarkeit“? Oder geht es um die Vereinbarkeit des Verhaltens? Das hat man bisher experimentell dadurch zu klären versucht, dass man manche Weibchen Partner frei wählen ließ, anderen irgendeinen gab. Aber dabei geraten leicht die Qualitäten der Individuen mit denen der Paar-Vereinbarkeit durcheinander, weil die Zwangsgatten vielleicht von so schlechter Qualität waren, dass sie nie gewählt worden wären.

Wohlgefallen: 37 % mehr Junge

Deshalb hat Malika Ihle (MPG Seewiesen) das Experiment modifiziert, sie ließ Weibchen frei Männchen wählen, dann teilte sie in zwei Gruppen: In der einen blieben die Partner, in der anderen wurde das Männchen ausgetauscht. Das hatte eine extreme Wirkung: Die echten Liebespaare hatten am Ende 37 Prozent mehr überlebende Küken (PLoS Biology 14. 9.). Und die überlebten nicht der genetischen Kompatibilität wegen – noch in den Eiern starben in beiden Gruppen gleich viele Junge –, sondern des Verhaltens wegen: Zwangsverheiratete Weibchen reagierten schwächer auf Werbungen der Männchen, zwangsverheiratete Männchen kümmerten sich weniger um die Brut, vor allen in den ersten, entscheidenden Momenten nach dem Schlüpfen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.09.2015)

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