Mikrosensoren für Erdbeben und Navigation

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Messtechnik. Sensoren sind die kleinen Heinzelmännchen der Technik. An der Donau-Universität Krems werden neue Sensoren entwickelt, die Vibrationen um ein Vielfaches genauer messen können, als es bisher möglich war.

Sie googeln etwas auf Ihrem Handy oder Tablet. Ganz selbstverständlich drehen Sie das Gerät, um eine bessere Ansicht zu bekommen. Haben Sie sich schon einmal überlegt, wie das funktioniert? Woher weiß das Bild, dass es sich drehen soll? Oder wie wird das Zünden eines Airbags veranlasst? Ganz einfach: durch eingebaute Sensoren. Sensoren sind die kleinen Heinzelmännchen der Technik.

Derzeit verwenden Sensoren zur Erfassung von Vibrationen und Beschleunigungen ein spezielles Ausleseprinzip für die Größen, auf die sie angesetzt sind. Sie arbeiten mithilfe der elektrischen Kapazität, die sie messen und mit Sollwerten vergleichen. In Handys und in Kraftfahrzeugen sind Sensoren bereits gang und gäbe. Ihre Leistungsfähigkeit ist für die Aufgaben ausreichend. Woran man bislang noch arbeitet, ist, dass die Sensoren kleiner werden, daher einen geringeren Materialaufwand und geringere Herstellungskosten bei ihrer Fertigung und einen geringeren Energieverbrauch während des Betriebes bedingen.

„In vielen Bereichen ist jedoch das Leistungsmaximum längst noch nicht erschöpft“, erklärt Wilfried Hortschitz vom Zentrum für Integrierte Sensorsysteme der Donau-Uni Krems. Vor allem im Medizintechnik- und Industriebereich ist die Auflösung der Sensoren noch verbesserungswürdig.

Pulsschlag und Walzendrehung

„Vibrationssensoren finden sich in vielfältigen Anwendungsfeldern. Einerseits in der Medizintechnik, um Vibrationen im Körper zu messen, beispielsweise den Pulsschlag, und andererseits in der industriellen Fertigung. Bei Lagern von Walzen etwa ließen sich Schäden frühzeitig erkennen und Einzelteile rechtzeitig austauschen, bevor es zu Produktionsschäden käme, indem kleinste Nuancen von Vibrationen an den Lagerungen gemessen werden könnten“, so Hortschitz.

Die im Rahmen eines FWF-Projekts entwickelten Sensoren arbeiten nun anders als herkömmliche Sensorsysteme. Sie messen opto-elektro-mechanisch. Daher ihr Name Moems: micro-opto-electro-mechanical System. „Unsere Sensoren sind um mehr als den Faktor 100 genauer als kommerzielle Systeme“, sagt Hortschitz. Damit lassen sich noch langsamere Bewegungen messen als bisher.

Ein mögliches Einsatzgebiet ist deshalb die Aufzeichnung von seismischen Wellen, Erdbebenwellen. Eines der Ziele des Projektes ist es auch, die Sensoren zur Navigation zu verwenden und damit Navigationssysteme in Handys und Kraftfahrzeugen zu verbessern: Wenn Sie mit Ihrem Handy in ein Gebäude gehen oder mit dem Auto in einen Tunnel fahren, dann bricht meist das GPS-Signal ab. „GPS-Signal verloren“, heißt es dann. „Das sollte durch unseren Sensor in Zukunft nicht mehr passieren“, so Hortschitz. Die Sensoren des Zentrums der Donau-Uni müssen dazu sensitiver und weicher gelagert sein als bisherige Sensoren. „Wir prüfen gerade, wie exakt unsere Sensoren messen können, wir sehen noch erhebliches Potenzial in der Sensitivität.“ Die niederösterreichische Technologieagentur Tecnet Equity unterstützt beim Weg auf den Markt.

Weiche Federn aus Silizium

Erste Sensorprototypen gibt es bereits. Nun versuchen die Wissenschaftler, die aus Silizium gefertigten Federn, an denen das Kernstück des Sensors – der Lichtflussmodulator – aufgehängt ist, so zu gestalten, dass sie möglichst weich sind. Denn je weicher die Federn sind, desto langsamere Bewegungen können registriert werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.10.2015)

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