Rabeneltern: Sehr fürsorglich

Familienleben. Die komplexe Situation, in der Raben leben, könnte die Intelligenz dieser Vögel erklären, zumindest zum Teil.

Kolkraben werden im Schnitt mit drei bis vier Jahren geschlechtsreif, paaren sich dann, werden zu Brütern. Sie sind monogam – „so monogam, wie wir Menschen halt“, fügt der Biologe und Rabenforscher Matthias Loretto ein – und haben ihr eigenes Territorium, das sie eisern verteidigen. Nichtbrüter indes, meist jünger als drei, vier Jahre – „Ich kenne aber auch Nichtbrüter, die sind schon zehn Jahre alt“ – ziehen durch die Gegend, auf der Suche nach Futter, Freunden, Cliquen und Partnern.

Raben leben also in einer komplexen Situation mit vielen Strukturen, mit Rangordnung, mit Paaren, mit Familie, Freundschaften, Feindschaften, Dorfgemeinschaften. „Wenn ein Rabe in ein fremdes Dorf kommt, wo er jemanden kennt – auch wenn er den schon eine Ewigkeit nicht gesehen hat –, wird er sich gleich zu dem gesellen. Damit erhofft er sich verstärkte Sympathie in der Dorfgemeinschaft. Das ist zwar noch nicht dezidiert nachgewiesen, aber es spricht sehr stark dafür, dass das so ist.“ Vieles spricht auch dafür, dass Kolkraben sich auf ihren Reisen immer wieder irgendwo treffen. Die beschriebene komplexe Situation könnte die Intelligenz der Raben erklären. „Wir Menschen und einige Säugetiere haben ähnliche Strukturen, solche Systeme sollen intelligenzfördernd sein.“

Ein Wort zum Nachwuchs: Rabeneier sind kleiner als Hühnereier. Der geschlüpfte Jungvogel kommt in 45 Tagen auf ein Gewicht von bis zu 1,3 Kilogramm und eine Größe von bis zu 60 Zentimetern Länge. Für dieses rasche Wachstum brauchen die Raben immens viel Futter, sie sind also ständig hungrig und betteln mehr oder weniger ununterbrochen um Nahrung, und zwar ganz schön laut. Wenn nun fünf bis sechs hungrige Mäuler ständig lauthals um Futter plärren, wird nur allzu leicht der Eindruck erweckt, dass sie vernachlässigt oder schlecht behandelt werden. Das ist zwar überhaupt nicht der Fall (Raben sind fürsorgliche Eltern), dennoch ist der Begriff Rabeneltern einzementiert.

Unsinnige Jagdlust

Trotz ihrer Intelligenz waren Raben in Mitteleuropa fast ausgestorben, der Mensch und seine Jagdlust sind schuld. Auch heute noch sind Raben nicht sicher. Trotz EU-Vogelschutzrichtlinie, die alle Rabenvögel schützt, werden hierzulande regelmäßig Krähen zum Abschuss freigegeben.

Statt der Krähe kann aber auch einmal ein Rabe getroffen werden Jäger haben ja irrtümlich sogar schon auf Menschen geschossen; der letzte Fall in Österreich ist noch nicht so lange her. (cr)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.11.2015)

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