Von Frauen sieht man mehr, als man liest

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Eine Studie hat untersucht, wie oft Frauen in englischsprachigen Onlinemedien gezeigt und genannt werden.

Männer dominieren die Medien – eine Vermutung, die naheliegt und die in zahlreichen Studien schon bestätigt wurde. Frauen werden in Nachrichtenmedien weniger oft erwähnt als Männer, Expertinnen werden seltener zitiert als Experten, auch als Autorinnen sind Frauen unterrepräsentiert. Ein Team um die Professorin für künstliche Intelligenz an der Universität Bristol, Nello Christianini, hat das Geschlechterverhältnis in den Medien nun in einer der bisher umfangreichsten Studien zum Thema untersucht. Und herausgefunden: Frauen sind in Onlinemedien tatsächlich weniger präsent als Männer, und sie tauchen proportional öfter auf Bildern als in Texten auf (PLoS ONE, 3. 2. 2016).

Über zwei Millionen Zeitungsartikel aus einem Zeitraum von sechs Monaten wurden für die Studie analysiert, die Forscher mussten dabei aber nicht selbst die Erwähnungen von Männern und Frauen zählen, das erledigten lernfähige Maschinen: Die Artikel und die dazugehörigen Bilder wurden automatisiert von den Homepages von über 950 englischsprachigen Nachrichtenseiten gesammelt und in Kategorien (Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, etc.) eingeteilt. Ein Texterfassungsprogramm identifizierte dann Personennamen und das entsprechende Geschlecht. Ein Gesichtserkennungsalgorithmus registrierte Abbildungen von Menschen, ein weiterer Algorithmus ermittelte (mit einer Genauigkeit von über 96 Prozent) ihr Geschlecht.

Mehr Männer in Texten und Bildern

In allen Newskategorien außer Mode wurden Männer öfter erwähnt und abgebildet als Frauen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Personenname in einem Nachrichtentext einem Mann gehört, beträgt insgesamt 77 Prozent (in der Sportberichterstattung sind gar 91,5 Prozent der genannten Personen männlich). Zudem waren 69,6 Prozent der auf Fotos gezeigten Gesichter männlich. Allerdings sieht man von Frauen immer noch mehr, als man von ihnen liest: Im Bereich Entertainment etwa waren 30,5 Prozent der im Text genannten Personen weiblich – in den Bildern dazu stellten Frauen 40,7 Prozent der Gesichter. Nur in einer einzigen Kategorie ist das Verhältnis umgekehrt: In der Politik, wo Frauen häufiger schriftlich als bildlich präsentiert werden.

Die Autoren der Studie verweisen auf die traditionelle Auffassung in der westlichen Philosophie, wonach das Weibliche mit dem Körper und das Männliche mit dem Geist verbunden wird. Das Ergebnis der Studie zeige, wie systematisch Medien die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern bekräftigen würden. (kanu)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2016)

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